Identitären-Anhänger, Reichsfantasien und Auschwitz-Hintergrundgesänge: rechte Vielfalt bei der AfD Jena

Frank Haußner, Denny Jankowski und Wiebke Muhsal stehen singend im Halbdunkel auf einer Bühne

Wiebke Muhsal und Denny Jankowski (Mitte) am 16.10.2020 in Gera Seite an Seite mit dem Reichsbürger Frank Haußner (l.) (Foto: Facebook)

In Jena treten 15 KandidatInnen der AfD für den Stadtrat an. Wenig überraschend besteht die Liste hauptsächlich aus Männern und nur vier Frauen. Zu den meisten AfD-KandidatInnen für den Stadtrat haben wir vor fünf Jahren hier schon ein paar Infos zusammengetragen, einige der KandidatInnen sind allerdings neu auf der Liste. Der Jenaer Kreisverband steht der restlichen Partei in nichts nach, wenn es um die Einheit mit Reichsbürgern und Neonazis geht. Auch die Einschüchterung von Presse und Kritiker*innen ist unter Jankowski und Muhsal Programm.
In den letzten Wochen hat der Kreisverband wieder vermehrt Infostände in der Stadt durchgeführt und AfD-„Bürgerstammtische“ im Stadtteilzentrum Lisa veranstaltet, teilweise begleitet von Gegenprotest. Bei den Jenaer Infoständen ist meist auch Tim Beutler von der Burschenschaft Germania Jena dabei. Dieser tritt allerdings, nach seinem Umzug nach Kahla, im SHK für die AfD zur Wahl an, zu ihm gibt es deshalb mehr Infos im Artikel zum SHK.

„Von der JG bis nach Auschwitz – eine U-Bahn bauen wir“

AfD-Aufmarsch 12.9.2017: Denny Jankowski, Wiebke Muhsal, Alice Weidel, Stephan Brandner und Michael Kaufmann am Fronttransparent; einige Reihen weiter hinten: Das Neonazi-„U-Bahn-Lied“ auf die Jenaer JG gemünzt (Bilder: Buzzfeed News)

Als Alice Weidel im September 2017 für einen AfD-Aufmarsch nach Jena kam, zeigte sich erstmals, welches Personenpotenzial die Partei auch in der bürgerlichen Kleinstadt umfasst: Neben AnzugträgerInnen und WutbürgerInnen im Rentenalter trugen auch Neonazi-Skinheads die Fahne des AfD-Kreisverbands Jena-Gera-Saale-Holzland-Kreis. Diese sangen nicht nur das aus rechten Fankurven bekannte „U-Bahn-Lied“ mit einer offenen Drohung gegen die Junge Gemeinde Stadtmitte (JG). Bei der Abschlusskundgebung griff einer der Sänger auch die linke Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss an und versuchte, ihr das Handy zu entreißen. Die Neonazigruppe zählt zum Umfeld der Alt-Hooligans „Kameradschaft Jena-Gladbach“. Die Fahne der AfD trug dabei Sven Krause, Wirt der Neonazi-Kneipe „Sportsbar zur Insel“ aus Lobeda-Ost. Neben ihm lief der Neonazi-Hooligan Christian Schulz. Ein AfD-Ordner lief bei alldem unmittelbar vor den Neonazis und griff nicht ein. Ebensowenig wollte der Jenaer Stadtverband die Nazi-Übergriffe später kommentieren.

Im AfD-Aufmarsch am 12.9.2017 läuft Sven Krause mit der AfD-Fahne, dahinter (weiß-schwarz geringelt) der Neonazi-Hooligan Christian Schulz (Foto: Buzzfeed News)

Denny Jankowski: Oberbürgermeister-Kandidat

Portrati von Denny Jankowski

Denny Jankowski (geb. 27.04.1983) kandidiert auf Listenplatz 1 für den Jenaer Stadtrat und als Oberbürgermeister für die AfD. Er wohnt in der Anna-Siemsen-Strasse 5, 07745 Jena. Er ist schon seit 2013 Mitglied der AfD und ist seit 2019 für die AfD im Landtag. Er lief u.a. 2016 in Gera am Fronttransparent vor dem Ex-Sprecher des „Thüringer Heimatschutz“ Jörg Krautheim. Jankwoski gibt sich gern zugänglich und bemängelt dauerhaft eine vermeintliche Ausgrenzung seiner Partei. Gleichzeitig sorgen AfD-Ordner*innen bei vielen Veranstaltungen für einen Ausschluss der Presse, während ParteianhängerInnen Journalist*innen und Kritiker*innen immer wieder offen angreifen.

Wiebke Muhsal: Umtriebige Rassistin und Antifeministin

Portrait von Wiebke Muhsal als Rednerin einer Demonstration

Wiebke Muhsal (geb. 06.04.1986) ist auf Listenplatz 5 der Jenaer Stadtratsliste der AfD und kandidiert für den Landtag. Sie wohnt im Biblotheksweg 1b, 07743 Jena. Sie ist insbesondere auf Social Media sehr umtriebig und hat eine recht große Reichweite, läuft aber auch gerne an der Spitze rechter Aufmärsche mit.

Foto von Demo-Zug mit vielen Flaggen und Fahnen. Auf dem Front-Transpi steht "Zuerst unser Land". Vor dem Front-Transpi fährt eine Person im Rollstuhl.

Wiebke Muhsal am Fronttransparent (i. d. mitte) mit dabei sind auch Frank Haußner, Tim Beutler, Björn Höcke, Juliane Rösner, Stefan Möller, Evelyn Gropp und Carolin Lichtenheld am 21.09.2022 in Erfurt.

Muhsal ist Diplomjuristin und begann ihre erste Legislaturperiode als Thüringer Landtagsabgeordnete 2013 mit gefälschten Arbeitsverträgen: Verträge ihrer MitarbeiterInnen wurden vordatiert und die dadurch überschüssig ausgezahlten Gehälter den MitarbeiterInnen vorenthalten. Muhsal wurde in zweiter Instanz wegen Betrug zu 8000€ Strafe verurteilt.

Auf ihren Kanälen teilt sie allerhand rassistische und antifeministische Posts. So ist sie beispielweise gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, spricht trans* Personen ihre Identität ab und befürwortet reaktionäre Geschlechterrollenverteilung.

Facebook-Post von Muhsal mit der Aufschrift "Willkommenskultur für Neu- und Ungeborene! Die AfD wendet sich gegen Versuche, Abtreibungen zu bagatelliseren, staatlicherseits zu fördern oder gar zu einem Menschenrecht zu erklären." Darüber hat ein Teil von Muhsals Text dazu zu sehen: "Willkommenskultur für Neu- und UngeboreneDie Alternative für Deutschland setzt sich für eine Willkommenskultur für Neu- und Ungeborene ein. In Deutschland kommen auf rund 700.000 Lebendgeburten pro Jahr ca. 100.000 Schwangerschaftsabbrüche. Dabei liegt nur bei drei bis vier Prozent eine medizinische oder kriminologische Indikation vor, in allen anderen Fällen wird der Schwangeren nach einer Beratung eine Bescheinigung ausgestellt, die ihr eine straffreie Abtreibung aus „soz... Mehr anzeigen"

Muhsal bezieht sich in ihrem Facebook-Post auf die von der AfD beliebte „Willkommenskultur für Ungeboren“. Dies zieht die Willkommenskultur für Geflüchtete ins lächerliche und spricht Schwangeren das Recht auf Abbrüche ab.

Facebook-Post von Muhsal mit Share-Pic "Trotz linker Bevormundung. Paare entscheiden sich öfter für traditionelle Rollenverteilung." Dazu hat Muhsal folgenden Text in den Post geschrieben: "Aufgemerkt! 91 Prozent aller Väter im erwerbstätigen Alter arbeiten auch tatsächlich, 94 Prozent von ihnen in Vollzeit – das teilt das Statistische Bundesamt mit. Bei kinderlosen Männern arbeiten demgegenüber nur 77 Prozent, 88 Prozent von diesen wiederum in Vollzeit.Professor Martin Schröder erklärt die höheren Werte von Vätern damit, dass sie es immer noch als ihre Aufgabe sähen, die Familie „zu ernähren“. Demgegenüber arbeiten Mütter nach seiner Aussage oft „freiwillig“ weniger, weil sie der „traditionellen Mutterrolle“ gerecht werden wollen: Während zwei Drittel aller kinderlosen Frauen in Vollzeit arbeiten, tut dies nur ein Drittel der Mütter. Diese Analyse zeigt sehr gut, wie verfehlt die heutige Gleichstellungspolitik ist: Männer und Frauen sind unterschiedlich in ihren Interessen. Außerdem sind Frauen durch Schwangerschaft und Stillzeit zunächst enger an das Kind gebunden und deutlich stärker körperlich belastet als die Väter. Auch hat Professor Schröder Daten ausgewertet, die belegen, dass im Durchschnitt Paare am zufriedensten sind, wenn der Mann 80 Prozent der Erwerbsarbeit erbringt und die Frau 20 Prozent. Auch diese Zahlen halte ich für durchaus realistisch."

Facebook-Post von Wiebke Mushal in dem sie behauptet, dass eine Studie belegen würde, dass Paare am zufriedensten seien, „wenn der Mann 80 Prozent der Erwerbsarbeit erbringt und die Frau 20 Prozent“. Abgesehen davon, dass berücksicht werden müsste, dass eine solche Aussage in einem bestimmten gesellschaftlichen Rahmen getroffen wird, wurde die These ohnehin bereits wissenschaftlich widerlegt.

Muhsal betreibt offensive Einschüchterung von Kritiker*innen. Wenn die AfD-Anhängerschaft wie bei jedem größeren Aufmarsch Journalist*innen angreift, schaut Muhsal mit klammheimlicher Freude weg und erspart sich jeglichen kritischen Kommentar. Selber ließ sie von ihrem Jenaer Parteikameraden Harry Drechsler beim Wahlkampf 2019 ein Team von Spiegel TV abschirmen, während sie mit dem als Ordner engagierten Neonazi Tino Ackermann im Gespräch war.

Camburg 2019: Harry Drechsler will Journalist*innen vom AfD-Wahlkampf ausschließen; im Hintergrund: Wiebke Muhsal mit dem Neonazi Tino Ackermann (Bild: Spiegel TV)

Muhsal zeigt außerdem Gegendemonstrierende, die ihre Partei völlig zurecht als „Faschisten“ kritisieren, wegen Beleidigung an. Durch die willfährig eingreifende Thüringer Polizei erlangt sie in der Folge die Daten von Antifaschist*innen. Diese Taktik der Einschüchterung begleitet sie durch entsprechende Beiträge in sozialen Medien.

Lars Kühne: Rechter Wissenschaftler

Portrait von Lars Kühen mit Patriot-T-Shirt. Das zweite "O" ist das Logo der Identitären Bewebung

Lars Kühne mit T-Shirt der Identitären Bewegung

Lars Kühne kandidiert dieses Jahr zum ersten mal für die AfD und steht auf Listenplatz 9. Er wohnt mit seiner Familie in Jena-Ost und arbeitet beim Institut für Datenwissenschaften in Jena-Süd. Kühne ist Anhänger der neofaschistischen Identitären Bewegung, deren T-Shirt mit entsprechender Symbolik er abseits der Arbeit gern zur Schau stellt. Kühne beteiligte sich an der Querdenken-Großdemo am 29.8.2020 in Berlin mit einem selbstgemalten, verschwörungsmythischen Plakat gegen die „neue Normalität“. Im August 2022 fuhr er zum Treffen der neonazistischen „Freien Sachsen“, der Reichsbürger und Neonazis der „Patrioten Ostthüringen“ und des „Compact“-Magazins. Anwesend waren außerdem frühere Köpfe der neonazistischen Splitterpartei „Die Rechte“ und der Neonazibewegung „Thügida“, die sich 2016 mit Fackelmärschen zu Hitlers Geburtstag, Rudolf Hess‘ Todestag und der Reichspogromnacht in Jena hervortat. Anfang September 2022 fuhr Kühne auch zu einer Kundgebung desselben neofaschistischen Bündnisses nach Leipzig, wo er in TV-Aufnahmen in seinem Identitären-Shirt beim Grölen von „Wir sind das Volk“ zu sehen war.

Ein ausführlicherer Artikel von uns über Kühne findet sich hier.

Roy Pierre Gräfe: Ekelhafter Rassist und NS-Relativierer aus dem Umfeld der „Ehrhardt-Bande“

Portrait von Roy Pierre Gräfe

Roy Pierre Gräfe (geb. 1970) kandidiert für die AfD auf Listenplatz 10 und für den Ortsteilrat Neulobeda. Er wohnt in der Werner-Seelenbinder-Straße 16, 07747 Jena und wurde Anfang 2022 bei der Firma „Jenaer Leiterplatten GmbH“ als neuer Kollege über Facebook begrüßt.
Gräfe bewegte sich bis mindestens Anfang der 2000er Jahre im Umfeld der „Ehrhardt-Bande“ (zu deren Verstrickungen im NSU Komplex siehe unseren früheren Artikel). Dabei wurde er später als „Aussteiger“ bezeichnet, soll aber zu einer anderen Person gesagt haben, dass dieser lieber in den Knast gehen solle, statt irgendwas zu verraten. Bis heute teilt er ekelhafte rassistische Posts:

Gräfe teilt in einem Facebook-Post ein Share-Pic auf dem steht "zum Arbeiten und denken hat's nie gereicht aber Ficken, das können wir". Darunter ist ein von uns unkenntlich gemachtes Foto mit Schwarzen Personen auf einen Motorrad

Rassistischer Facebook-Post von Gräfe (Foto von uns unscharf gemacht)

Außerdem teilt er gerne NS-relativierende Posts:

Facebook-Post von Gräfe mit Verlinkung zu Youtube-Video. Als Vorschau ist Söder zu sehen und im Hintergrund Hitler. Daneben steht ein Compact-Schriftzug und "Söder will Moskau angreifen - wie Hitler"Faceboo-Post von Gräfe. Zu sehen ist ein Foto auf dem steht "GROSS GRÜNES REICH. Multikrimineller Willensnation! Flink wie Ricarda, zäh wie Robert und hart wie Annalena!". Daneben sind zwei Reichsalter mit Recycling-Symbol. Darunter steht noch ein Schild mit der Aufschrift "Kobold Lives Matter!". Ganz unten steht "Hängt in Meißen in der Hafenstraße. Die LEute haben die Schnaule voll"Wenig überraschend solidarisiert er sich zudem mit dem IBler Martin Sellner:

Gräfe teilt auf Facebook ein Video von Compact mit der Aufschrift "Martin S.: Grenzen dicht für Patrioten!?". Daneben ist Martin Sellner zu sehen. Uwe Schroth: Tiefbauer der rechten Familien-Firma Schroth

Portrait von Uwe Schroth

Uwe Schroth (geb. 1967) steht auf der AfD-Stadratliste auf Platz 7. Er ist Tiefbauer und Gesellschafter bei der rechten Firma Schroth Erdbau & Dienstleitungen GmbH aus Milda, bei der auch dezidierte Neonazis wie Patrick Weiß arbeiten, der auf Facebook Fotos mit Reichsflagge und dem Schriftzug „Frei, Sozial, National“ postet. Aktuell arbeitet die Firma auch im Jenaer Südviertel auf einer Baustelle in der Okenstraße. Die Fotos für die Website wurden durch den Apoldaer Neonazi Fotografen Stefan Rose aufgenommen, der Teil der Rechtsrockband „12 Golden Years“ ist.

Angela Lehmann – fantasiert von einem weißen deutschen Reich

Portrait von Angela Lehmann

Angela Lehmann (geb. 02.09.1960) wohnt in der Netzstraße 71, 07749 Jena. Sie steht auf Platz 14 der Jenaer AfD-Stadtratsliste. Lehmann wirbt auf Facebook dafür, Sharepics mit der Reichsflagge zu teilen.

Post von Lehmann auf Facebook. Zu sehen ist ein Wappen in Reichsflaggen und der Überschrift Germania. Darunter ist eine rose mit der Aufschrift "Eine Rose für mein Deutschland". Darüber steht folgender Text: " Bin mal gespannt wie oft diese Rose geteilt wird für unser Vaterland was uns jetzt am meisten braucht... gegen diese Berliner Regierungspfeifen und ihre Gutmenschenfraktion mit ihrer Überfremdungspolitik...Nationalstolz ist kein Verbrechen und kein Rassismus!!!1"

Angela Lehmann mit der Werbung für ein „reinrassiges“ deutsches Reich auf Facebook

Ralf Schild

Portrait von Ralf Schild

Ralf Schild (geb. 17.01.1962) kandidiert auf der Jenaer AfD-Stadtratsliste auf Platz 2 und für den Ortsteilrat Winzerla.

Andreas Beyer

Portrait von Andreas Beyer

Andreas Beyer (geb. 1963) kandidiert auf Listenplatz 15 für die Jenaer AfD-Stadtratsliste und für den Ortsteilrat Winzerla.

Grit Hoffmann

Portrait von Grit Hoffmann

Grit Hoffmann (geb. 1962) wohnt in der Gabelsberger Str. 2, 07749 Jena. Sie kandidiert auf Listenplatz 3 der AfD-Stadtratsliste und für den Ortsteilrat Winzerla.

Jochen Müller

Portrait von Jochen Müller

Jochen Müller (geb. 1952) steht auf Platz 4 und wohnt am Musäusring 6, 07747 Jena.

Volker Hanemann

Portrait von Volker Hanemann

Volker Hanemann ist 1959 geboren und wohnt in der Dorothea-Veit-Str. 41 07747 Jena. Er steht auf Listenplatz 6 der AfD-Stadtratliste und kandidiert für den Ortsteilrat Neulobeda.

Eugen Hermann

Portrait von Eugen Hermann

Eugen Hermann (geb. 1978) kandidiert auf Platz 8 der Jenaer AfD-Stadtratsliste

Anja Jelonek

Portrait von Anja Jelonek

Anja Jelonek (geb. 1973) kandidiert auf Platz 11 der AfD-Stadtratsliste.

Moritz Küffner

Portrait von Moritz Küffner

Moritz Küffner (geb. 1961) ist (wahrscheinlich) Facility Manager bei der Jenaer Gewindetechnik GmbH. Er kandidiert für den Jenaer Stadtrat auf dem AfD-Listenplatz 12.

Dirk Zabel

Portrait von Dirk Zabel

Dirk Zabel (geb. 29.10.1970) lebt in der Gustav-Fischer-Str. 37, 07745 Jena. Er steht auf Platz 13 der AfD-Stadtratsliste.