„Königsblut“-Tattoostudio: David Köckerts NS-Kommerz und militante Netzwerke im Zentrum der Kreisstadt Eisenberg

links: das neue Tattoostudio im Steinweg 21 in Eisenberg; rechts: David Köckert (Fotos: soziale Medien)

In Eisenberg eröffnet kommenden Samstag (10.12.2022) das Tattoostudio „Königsblut“ im Steinweg 21 im Stadtzentrum. Hinter der Neueröffnung steht der bundesweit bekannte Neonazi David Köckert, der bereits in Zeulenroda ein Tattoostudio betreibt. Köckerts politische Biographie begann im Umfeld des Thüringer Heimatschutzes zur Entstehungszeit des NSU und setzt sich bis in die Gegenwart fort. Er betrieb schon vor zwanzig Jahren einen Neonaziladen im Vogtland und führte eine Kameradschaft an, die für Brandanschläge auf Geflüchtete verantwortlich war. In den letzten zehn Jahren machte sich Köckert als Anführer der rassistischen Aufmarschserie „Thügida“ einen Namen. 2018 kam Köckert in Haft, weil er einen seiner Mitarbeiter verprügelte und Neonazis zu Angriffen und Brandanschlägen gegen einen Tattoo-Konkurrenten angestiftet haben soll. Mit der Eröffnung eines zweiten Standbeins in Eisenberg wird der Neonazi seine Geschäfte mit nationalsozialistischer Symbolik und seine militanten Netzwerke auf den Saale-Holzland-Kreis ausweiten. Weiterlesen

(6) Gera und der NSU: von den Baseballschlägerjahren über Blood & Honour zur AfD

Neonazi-Trauermarsch 1997 in Neuhaus am Rennweg: (unten v.l.n.r.) Tino Brandt, Ralf Ollert, André Kapke, Beate Zschäpe; (Mitte v.l.n.r.) Uwe Böhnhardt, Gordon Richter (Kameradschaft Gera), Nils Großenbach (Kameradschaft Gera), Daniel Stärz (Legion Ost), Holger Gerlach. (Bild: TLZ)

Wie in allen ostdeutschen Städten bildete sich auch in Gera nach der Wende eine größere Szene von Neonazi-Skinheads heraus. Sie dominierten öffentliche Plätze, begingen rassistische Übergriffe und verbreiteten ein Klima der Angst. Durch die Gründung von Rechtsrockbands, Kameradschaft und Parteiverbänden festigten sich ihre Strukturen. Die Kameradschaft Gera war eine tragende Säule des Thüringer Heimatschutzes und hatte somit auch gute Beziehungen zum späteren NSU-Kerntrio, seinen Jenaer UnterstützerInnen und zum NSU-Terrornetzwerk. Auch in Gera wurden nach dem Untertauchen des Trios 1998 Spendengelder gesammelt. Die Baseballschlägerjahre der frühen Neunziger gipfelten 2004 in der Ermordung von Oleg Valger durch vier teils noch jugendliche Geraer Neonazis. In der Rückschau hebt sich Gera jedoch von anderen Städten in der Region, die eine ähnlich bittere Entwicklung seit der Wende durchliefen, durch mehrere Faktoren ab: Überdurchschnittlich viele Neonazis, die teils als Jugendliche nach der Wende die Szene aufbauten, sind bis heute in der Stadt aktiv. Es gab zudem eine hohe Dichte an Rechtsrockbands, die teilweise bis heute Bestand haben. Und in Gera saß die Führung der Thüringer Sektion von Blood & Honour, die den bewaffneten Kampf über Rechtsrockkonzerte propagierte und finanzierte. Zwanzig Jahre später veranstalten dieselben Personen noch Großkonzerte. Der NSU-Helfer André Eminger ist über die Rockergruppe Stahlpakt und über die Gefangenenhilfe eng mit Geraer Neonazis verbunden und taucht dort selber immer wieder auf. Mit der Gründung der AfD traten mehrere Akteure aus den Neunzigern der AfD bei, darunter ein noch heute aktiver Rechtsrocker. Und auch die Proteste der Pandemieleugner*innen werden in Gera von Neonazis aus dem früheren Umfeld von Blood & Honour Hand in Hand mit der AfD organisiert. Weiterlesen