Nico Schneider – Wohllebens politischer Ziehsohn zwischen “Normannia” und Schnellroda

Was man hätte wissen können! – Eine Zusammenfassung

Der politische Hintergrund von Nico Schneider ist dank antifaschistischer Recherche bereits seit vielen Jahren bekannt. In diesem Beitrag sollen die einzelnen Berichte zusammengefasst und nochmal gebündelt dokumentiert werden.

Nico Schneider, 34 Jahre alt, kommt ursprünglich aus Kahla, politisierte sich aber in den frühen 2000er Jahren in Jena. 2004 stand er in einem Mob aus ca. 50 Neonazis vor dem Jenaer Rathaus und hetzte gegen die Aufnahme von Geflüchteten.

Nazi-Mob in Jena 2004: mittig Nico Schneider, links davon Sandra Ziegler und Martin Rühlemann von der “Braunen Aktionsfront Weimar”. (Foto: Antifaschist*innen aus Jena)

In den Folgejahren fand er Anschluss an die Jenaer NPD unter Ralf Wohlleben, trat 2007 den Jungen Nationalisten (JN) bei und wurde Beisitzer im Kreisverband der Jenaer NPD. In jener Zeit wohnte er auch im sogenannten “Braunen Haus” in Jena-Altlobeda, das von den Überresten des “Thüringer Heimatschutzes”, dem „Freien Netz Jena“ (FN), der “Burschenschaft Normannia” und der NPD genutzt wurde. Verantwortlich für das Haus waren neben dem offiziellen Käufer Maximilian Lemke vor allem die NSU-Helfer Ralf Wohlleben und André Kapke. Schneider übernahm organisatorische Aufgaben beim „Fest der Völker“ 2007 in Jena, schrieb und korrigierte Texte für die Internetseiten des „Nationalen Widerstands Jena“, des “Braunen Hauses” und der NPD. Auch Vorlagen für Sprühschablonen des “FN Jena”, die im Stadtgebiet gesprüht wurden, erstellte er. Ebenfalls 2007 beteiligte sich Schneider an Störaktionen der Jenaer Nazis anlässlich von Treffen des Aktionsnetzwerk gegen Rechtsextremismus und gegen Veranstaltungen im Rathaus.

2009 war Schneider zusammen mit seiner damaligen Freundin Sarah Zarsky, Ralf Wohlleben und Südthüringer Neonazis an der Störung einer Veranstaltung mit der Journalistin Andrea Röpke beteiligt.

Im August 2010 wurde Schneider vorübergehend in Gewahrsam genommen und sein Auto auf Sprengstoffspuren durchsucht, nachdem Schneider zusammen mit André Kapke und den FN-Aktivisten David Buresch und Nico Metze eine Lesung des Rechtsterroristen Karl-Heinz Hoffmann in Chemnitz besucht hatte. Auf der Rückfahrt hatte Metze mit dem Saalfelder Nazi Steffen Richter am Telefon über C4-Sprengstoff und dessen Anwendung gesprochen. Im Rahmen der Ermittlungen zu den NSU-Morden wies die Kriminalpolizei darauf hin, dass auf Schneiders damals beschlagnahmten Handy Hinweise auf dessen Videoschnittarbeit gefunden worden waren. Der vermutete Zusammenhang mit dem Bekennervideo des NSU konnte jedoch aufgrund der verschlüsselten sonstigen Datenträger Schneiders nicht belegt werden.

Nachdem das “Braune Haus” in Jena schloss, 2011 Ralf Wohlleben verhaftet wurde und sich die Naziaktivitäten größtenteils nach Kahla verlagerten, wurde es auch um Schneider etwas ruhiger. Fortan war er vor allem als „Fuxmajor“, also Nachwuchsbeauftragter der pflichtschlagenden “Burschenschaft Normannia” aktiv. In dieser Funktion begleitete er unter anderem Mensur-Fechtkämpfe der Nachwuchs-Normannen. Zu einem dieser Anlässe trug Schneider ein Shirt mit einem Wehrmachtssoldaten und der Parole: „Ihr Opfer – unser Auftrag“.

Nico Schneider darf als “Fuxmajor” der “Normannia” das Eingangstor zum Burschenschaftsdenkmal in Eisenach öffnen.

Björn Höcke 2014 bei seiner Rede beim “Institut für Staatspolitik” in Schnellroda; links von Höcke sitzt Götz Kubitschek, rechts Nico Schneider.

Verbindungen in breitere rechte Strukturen zeigten sich, als er im Februar 2014 während der Rede von Björn Höcke im „Institut für Staatspolitik“ (IfS) in Schnellroda mit dem Blick ins Publikum vor der Bühne saß. Außer Schneider saß nur der Gastgeber und Verleger Götz Kubitschek in derart exponierter Position, was auf eine organisatorische Einbindung Schneiders schließen lässt.

Auch beruflich betätigte sich Schneider als Nachwuchsbeauftragter: Bei der zu den Jenaer Stadtwerken zugehörigen Firma ASI Anlagen, Service, Instandhaltung GmbH ist er nach seiner Ausbildung zum Ausbildungsleiter aufgestiegen. Als solcher durfte er 2016 ASI bei einer Veranstaltung im Jenaer Rathaus vertreten. Noch neun Jahre zuvor, im Jahr 2007, hatte sich Schneider gemeinsam mit anderen Nazis an der Störaktion einer öffentlichen Veranstaltung in selbigem Rathaus beteiligt.

Nico Schneider (4.v.l.) repräsentiert ASI 2016 im Jenaer Rathaus.

Beim Jenaer Unternehmenslauf posierte Schneider neben einem Maskottchen der Stadtwerke in vorderster Reihe mit dem Stadwerke-Motto auf einem Trikot: „Ein Team. Eine Gruppe. Ein Ziel.“ Auf den Widerspruch, dass es dieselben Stadtwerke sind, die eine Broschüre über Rechtsextremismus förderten, die Nico Schneider einen eigenen Eintrag widmete, wurde bereits früher hingeweisen. Bis heute wirbt das Unternehmen auf seiner Webseite mit Schneider als Ausbildungsverantwortlichem, auch wenn er mittlerweile das Unternehmen verlassen hat und nun als selbstständiger IT-Dienstleister tätig ist. (vgl. Artikel)

Auch in den vergangenen Jahren war Schneider weiterhin in der “Burschenschaft Normannia” aktiv. Ob er auch zu den Tätern am 14.04.2018 gehörte, die von einem Treffen der “Normannia” im Kahlaer „Dartladen“ aus jugendliche Geflüchtete in der Nachbarschaft angriffen, ist bisher nicht bekannt, liegt aber aufgrund seines Wohnorts in Geunitz bei Kahla und seiner engen Verbindung zu den wenigen aktiven “Normannen” und zum “Dartladen” nahe.

Als im Herbst 2018 die AfD in Kahla eine Saalveranstaltung abhielt, gehörte auch Schneider zum Publikum. Später stieß auch noch Turonen-Mitglied Sebastian Dahl dazu. Nico Schneider ist die letzten Jahre um einiges zurückhaltender geworden, was sein öffentliches Auftreten unter Neonazis angeht. In diversen Kommentarspalten in den sozialen Medien fällt er immer wieder durch einschläge Kommentare auf und betätigt sich als Stichwortgeber für rechte Meinungsäußerungen. Seine Mitgliedschaft auf Lebenszeit in der neonazistischen “Burschenschaft Normannia” und gleichzeitige Einbindung in die Netzwerke um AfD und IfS sprechen aber dafür, dass er die Ideologie, die ihn mit Ralf Wohlleben verband, auch weiterhin pflegt und öffentlich vertritt.