Am 1. Mai wollte die NS-Splitterpartei „Der III. Weg“ einen überregionalen Naziaufmarsch in Erfurt durchführen. Nach Corona-bedingter Herabstufung auf kleinere Kundgebungen in Erfurt und Plauen folgte nun eine Komplettabsage. Da in naher Zukunft mit weiteren Aktionen der Nazis gerechnet werden muss, wollen wir einen genaueren Blick auf den Apoldaer Nachwuchs des „III. Wegs“ werfen.
Den aktivistischen Nachwuchs beim Thüringer Ableger von der „Der III. Weg“ bilden Dominik Kiesig und Benny Meusel aus Apolda. Beide sind mindestens seit 2016 in der Neonazi-Szene unterwegs und bewegen sich zwischen „Autonomen Nationalisten“, den kameradschaftsähnlichen Strukturen in Apolda und Parteistrukturen vom „Dritten Weg“.
Benjamin Meusel hat seit 2016 an den jährlichen Naziaufmärschen in Weimar teilgenommen. Unter dem Versammlungsmotto „Trauermarsch“ werden dabei die Verbrechen der Nationalsozialisten relativiert und die Täter zu Opfern erklärt. Die Bombardierung der Stadt Weimar nimmt der seit Jahren bekannte Anmelder Michel Fischer zum Anlass, die Opfer zu verhöhnen. 2018 besuchten neben Meusel auch die Apoldaer Dominik Kiesig, Dennis und Kevin Noetzel und Michael Engling aus Mellingen den Naziaufmarsch. Neben ihnen beteiligte sich auch der mehrfach als Gewalttäter aufgefallene Weimarer Thomas Holzinger, der zu Meusels und Kiesigs engerem Umfeld gehört.
Vier Wochen nach ihrem gemeinsamen Auftritt beim Weimarer Naziaufmarsch fielen Meusel, Kiesig und Dennis Noetzel in Apolda auf. Sie veröffentlichten Bilder einer beginnenden Sauftour mit Ricardo Wenzel und Sven Zimmler. Am nächsten Tag meldete die Presse, dass „Sieg Heil“ rufende „Jugendliche“ randalierend durch Apolda gezogen wären. Antifaschistische Recherche wies in der Folge auf die eindeutigen Facebook-Posts der Apoldaer Nazis vor und nach der Randale hin, die deren Beteiligung sehr wahrscheinlich erscheinen lassen (siehe: de.indymedia.org/node/20376).
Benny Meusel und Dominik Kiesig folgten ihrem älteren Tannrodaer Kameraden Michel Fischer im Verlauf des Jahres 2018 in die Strukturen von „Der III. Weg“. Fortan traten sie in Mobilisierungsvideos in Erfurt-Herrenberg in Parteiuniform auf. Zum 1. Mai 2018 liefen sie neben dem ehemaligen Erfurter Nazi-Hooligan Enrico Bicysko und Michel Fischer beim Aufmarsch des „Dritten Wegs“ in Chemnitz mit. Am 25.80.2018 nahmen sie an der homofeindlichen Kundgebung auf dem Erfurter Anger teil (s.o.). Und als zwei Tage später der deutsche Volksmob in Chemnitz randalierte, war Meusel erneut mit Michel Fischer und Parteianhang dabei.
Meusel und Kiesig sind parallel zum „Dritten Weg“ jedoch weiterhin in den parteifernen Apoldaer Nazistrukturen der früheren „Kameradschaft Apolda“ aktiv. Neben ihrer Teilnahme an den notorischen Sauftouren zum Männertag, die den Großteil der alten und jungen Naziszene Apoldas jedes Jahr vereinen, liefen sie am 01.09.2019 in Plauen neben einem der Apoldaer Organisatoren des „Turonen“-Konzerts „Rock gegen Überfremdung 2018“, Thomas Schrimpf, Benjamin Zickuhr und zwei weiteren Apoldaer Nazis ohne Parteikleidung beim Aufmarsch des „Dritten Wegs“ mit.
Auch zum diesjährigen „Trauermarsch“ in Dresden marschierten Kiesig und Meusel zusammen mit ihrem jüngeren Kameraden Eric Busch neben der älteren Garde der Apoldaer Kameradschaft: Benjamin Zickuhr, Christian Meister und André Groth. Benny Meusel fiel kürzlich außerdem im Stadion des FC Carl Zeiss Jena mit Hooligan-Ambitionen auf, als er mit Jeffrey Weißenborn und Eric Busch das Spiel gegen den FSV Zwickau besuchte. Die drei standen in Gesellschaft der alten rechten Hooligan-Garde im A-Block, als Weißenborn und Meusel zum Spielende hin über den Zaun sprangen und in Richtung der Zwickauer Kurve liefen. Das kurze Intermezzo wurde von einrückenden Polizeikräften und Ordner*innen beendet, woraufhin sich die Apoldaer Nazis schnell umzogen und das Stadion verließen.
Benny Meusel und Dominik Kiesig haben nach ihren ersten Auftritten als Straßennazis und Bekenntnissen zu den „Autonomen Nationalisten“ zunächst ihren Weg in die Parteistrukturen des Dritten Weg gefunden. In Apolda sind sie gleichzeitig an die ältere Szene angebunden, die sich fern von Parteistrukturen im herkömmlichen Stil einer Kameradschaft und zeitweise als Thügida-Ableger „Wir lieben Apolda“ organisiert. Damit könnte zu erklären sein, warum nach dem Volkstrauertag-Gedenken der Apoldaer Nazis im November 2019 neben dem Kranz der „Freien Kräfte Apolda“ auch Grablichter von „Der III. Weg“ auf dem Friedhof hinterlassen wurden. Dabei scheint eine Mehrgleisigkeit für ihre Politisierung und Organisierung wichtig gewesen zu sein: Das subkulturelle Milieu der Sauftouren und der Stilisierung als „autonome“ Nazis war genauso ein erlebnisorientierter Anziehungspunkt, wie es Hooligan-Allüren im Jenaer Stadion immer noch zu sein scheinen. Der Dritte Weg lehnt in seiner Öffentlichkeitsstrategie genau dieses Milieu explizit ab, weshalb es nach dem eskalierten Aufmarsch zum 1. Mai in Plauen 2016 zu einer Spaltung dieser Szenen kam und die Kleinstpartei fortan ohne Bündnispolitik auf uniformierte, straff organisierte Aufmärsche setzte. Meusel und Kiesig scheinen sich dazwischen noch nicht entscheiden zu müssen. Es wird sich zeigen, ob ihre Parteiführer aus Erfurt irgendwann auf eine Entscheidung drängen. Klar bleibt jedoch: Ob Apolda oder Erfurt – Benny Meusel und Dominik Kiesig sind fest in militante Nazistrukturen eingebunden und sollten nicht aus dem Auge gelassen werden.