Vor knapp drei Jahren brach die Corona-Pandemie in Deutschland aus. Seit Mai 2020 verging kaum eine Woche, in der nicht rechte Verschwörungsideolog*innen, AnhängerInnen von AfD und anderen rechten Strukturen montags auf die Straße gingen. Vor einem Jahr überfiel Russland die Ukraine und führt dort seitdem einen grausamen Krieg. Die Montagsdemos griffen auch dieses Thema in zuverlässig autoritärer Manier auf und tragen seither allerorts Russlandfahnen mit. In unserer Region sind es vor allem Jena und Hermsdorf, wo beständig demonstriert wird. Hermsdorf ist dabei weitaus konstanter, was Beteiligung und Infrastruktur angeht. Die dahinterstehenden rechten Netzwerke sind teilweise jedoch die gleichen. In Kahla waren die Montagsdemos unbeständiger, aber wenig überraschend von einer höheren Anzahl bekannter Nazikader geprägt. Saalfeld vereint all diese Elemente bei einer relativ hohen und konstanten Teilnehmer*innenzahl. Nachdem wir gemeinsam mit der Recherche Ostthüringen vor einem Jahr bereits in einer Übersicht für Ostthüringen die Region zwischen Jena und Saalfeld beleuchteten, ist es Zeit für einen neuen Überblick.
Jena
Die Montagsproteste gingen das ganze Jahr 2022 unvermindert weiter, wobei größtenteils zwischen fünfzig und hundert sowie ab und zu auch zweihundert Menschen zusammenkamen. Angeführt wurden die Aktionen hauptsächlich von dem promovierten Biologen Axel Robert Göhring, dem AfD-Nachwuchsaktivisten Dante Riedel und Clemens Leder. Axel R. Göhring schreibt für zahlreiche rechtsradikale Onlineprojekte wie „Compact“, „Achse des Guten“ und ist Haupt-Administrator für den Blog der Jenaer Klimawandel-Leugner*innen von „EIKE“. Während er in Sachen Klimawandel und Corona-Pandemie ausgiebig gegen Wissenschaft und Akademiker*innen hetzt, war er selber am Uniklinikum Jena in der Krebsforschung angestellt und strebte, wenn man eine sexistische Kolumne Göhrings („Allein unter Geschlechter-Sensiblen – Ein Biologe im Gender-Seminar“) beim Wort nimmt, eine Laufbahn bis zur Professur an. Dante Riedel ist seit mehreren Jahren thüringenweit für die Junge Alternative (JA) unterwegs, engagiert sich für Björn Höcke und hielt auf den rechten Aufmärschen von Neonazis und Reichsbürgern in Gera oder Schleiz Hetzreden. Clemens Leder trat früher als Sprecher des alternativen Projekts „Insel“ auf, dessen Ausweichen auf die „CarlA“ er noch mitmachte. Viele Jahre, nachdem er immer wieder als Sexist aufgefallen und Flinta*-Personen gegenüber mit Argumenten von rechten „LebensschützerInnen“ (Erläuterung zu unseren unterschiedlichen Gender-Schreibweisen) übergriffig war, distanzierten sich auch seine letzten Unterstützer*innen von ihm und seinem Widerstand gegen feministische Kritik. Mit den rechten Montagsdemonstrierenden fand der reaktionäre Selbstdarsteller eine neue Bühne.
Seit Herbstbeginn sind auch wieder die alten Bekannten der Jenaer Rechten an Montagen auf der Straße, zu denen „Compact“-Gastautor Jens Thino Friedrich, der Neonazi Lars Seyfarth oder der AfD-Funktionär Volker Wagenhaus zählen. Aber auch Karsten Geschwandtner, der in Jena einst als Bundestagskandidat für „Die Basis“ antrat, war Ende Oktober als Redner auf der Jenaer Montagsdemo dabei.
Die Jenaerin Corinna Gehre (Die Basis), die seit Pandemiebeginn als Liedermacherin auf Pandemieleugner*innen-Aufmärschen auftritt, ist inzwischen in den Netzwerken der Reichsbürger angekommen. So bewarb sie auf ihren Kanälen eine Veranstaltung von Jana Ondrej am zweiten Oktoberwochenende. Ondrej hält zusammen mit Holger Kahl Reichsbürger-Aktivitäten auf dessen Schloss Brandenstein bei Ranis (Saale-Orla-Kreis) ab.
Im November 2022 war auf der Jenaer Montagsdemo mit Philipp Wolfgang Beyer ein altbekannter rechter Netzwerker als Redner angekündigt. Beyer ist seit vielen Jahren hintergründig in rechten Netzwerken aktiv. Er arbeitete an Hetzplattformen wie „Journalistenwatch“ mit, war Funktionär der rechten Partei „Die Freiheit“ und sorgte für die Finanzierung des neofaschistischen „Institut für Staatspolitik“ in Schnellroda. Beyer machte sich mit der nach seinen Initialen benannten Kanzlei „PWB“ außerdem einen Namen mit betrügerischen Geschäften, die ihm 2017 eine polizeiliche Durchsuchung seiner Räume im Löbdergraben einbrachte. Beyer bot sich unter Vermittlung von Clemens Leder Ende 2022 den rechten MontagsmarschiererInnen in Jena als Rechtsbeistand für Missachtungen der Infektionsschutzverordnung an. In derselben Funktion vertrat er bereits AfD-Querdenker aus Pößneck.
Kahla
In Kahla liefen schon beim ersten größeren Montagsprotest im Herbst 2022 am 26. September zahlreiche bekannte Nazis mit. Darunter waren die frühere Mitorganisatorin der Naziaufmärsche von „Thügida / Wir lieben Ostthüringen“, Mandy Teichert, der „Compact“-Gastautor und Aktivist der Neonazigruppe „Aufbruch und Erneuerung / Sache des Volkes“ Marcel Waschek, und Hendrik Radtke, ehemaliges NPD-Kreistagsmitglied und Mitglied der Neonazi-Burschenschaft Normannia zu Jena. Auch Ian Bütow, der Sohn von Katja und Marcel Bütow, beide frühere NPD-AktivistInnen und UnterstützerInnen von NSU-Helfer Ralf Wohlleben, lief an jenem Tag neben weiteren jungen Rechten mit. Aus demselben Spektrum war auch Jeremy Hase dabei, der zur zeitweise in Pößneck und Kahla aktiven „Neuen Hitlerjugend“ (NHJ) gehörte.
Organisiert wurde dieser Protest von Thomas Kreidt, der schon seit 2020 die Facebookgruppe von Querdenker*innen im Saale-Holzland-Kreis administriert. In dieser Gruppe werden ungestört antisemitische Grafiken und Shoa-Relativierungen ausgetauscht. Am 10.10.2022 übernahmen die AfD-Mitglieder Cäsar Krämer (Altenberga) und Matthias Wohlfahrt vom „Haus Bethlehem“ in Seitenroda die Organisation des Protests. Wohlfarth war 2013 Mitgründer des AfD-Landesverbands, aus dessen Landesvorstand er sich jedoch im Rahmen von Machtkämpfen zurückzog. Ideologisch ist Wohlfarth weiterhin glühender Anhänger des völkischen AfD-Flügels und erklärter Putin-Freund. Seinen hinzukommenden christlichen Fundamentalismus stellte er an mehreren Montagen im Oktober unter Beweis, als er auf den Kahlaer Kundgebungen rechte Hetze und Verschwörungsmythen in Gebetsform vortrug. In einer der vorderen Reihen des späteren Demozugs lief mit Mario Keller, beruflich Bestatter bei der Firma Sieber, ein ehemaliger NPD-Kandidat. In den letzten Wochen haben Kreidt und Wohlfarth ihre Zusammenarbeit so gestaltet, dass unter Kreidts Führung durch die Stadt demonstriert wurde und danach Wohlfahrts fundamentalistisch-rechte Gebetsveranstaltung stattfand. Mitte November schloss an den Montagsaufmarsch in Kahla ein Vortrag des Klimawandel-Leugners Ralf Kriegel an, der in Hermsdorf am Fraunhofer-Institut arbeitet.
Die Kahlaer Montagsdemos pausierten zum Jahreswechsel wieder und erzeugten seither keine Aufmerksamkeit. Dafür reisten einige der Kahlaer Nazikader zu rechten Treffen nach Schnellroda (Sachsen-Anhalt) und zum Naziaufmarsch in Dresden am 11.2.2023.
Hermsdorf
Der Hermsdorfer „Montagsspaziergang“ ist im Vergleich mit anderen Ostthüringer Städten seit gut zwei Jahren beständiger und hatte durchweg höhere Teilnehmer*innenzahlen. Da sich thematisch dort seit den ersten Corona-Verschwörungen kaum etwas verändert hat und seltener namhafte Hetzer*innen von außerhalb auftraten, fiel Hermsdorf jedoch weniger auf. Die Organisator*innen sind seit zwei Jahren überwiegend gleich geblieben, wobei sich die Organisatoren der früheren Eisenberger Montagsdemo inzwischen der Hermsdorfer Organisation angeschlossen haben. Aus Hermsdorf kommen Adriane Tupaika, Annett Bräutigam und Silke Fengler, die die Demonstrationen bis zu ihrem Rückzug Anfang Dezember 2022 organisierten und moderierten. Sie nehmen auch 2023 an den Demos teil und versenden davon u.a. Videos an rechte Querdenker*innen-Netzwerke. Annett Bräutigam und Silke Fengler fuhren am 17.9.2022 auch zum Aufmarsch von „Freie Sachsen“ und „Freies Thüringen“ nach Greiz, wo der langjährige NPD-Kader Stefan Hartung aus dem Erzgebirge als Redner auftrat und zahlreiche Neonazis mitliefen. Bei ihrem Gruppenfoto in Greiz war im Hintergrund auch der nordhrein-westfälische NPD-Kader Claus Cremer zu sehen, der seit Längerem eng mit dem Zeulenrodaer Reichsbürger Frank Haußner von „Freies Thüringen“ zusammenarbeitet.
Weiterhin zählt der Stadtrodaer Unternehmer Lutz Lüttich dazu, der moderiert und mit einem LKW seiner Firma „KML Transporte“ wöchentlich in der Demo mitfährt. Die früheren Eisenberger Organisatoren Heiko Donath und sein Arbeitgeber André Marks (Marks GmbH) waren das ganze Jahr 2022 über schon Teil der Hermsdorfer Organisationsgruppe und führten mit Lutz Lüttich und Thomas Schaefer, dem Personalleiter des Waldkrankenhauses Eisenberg, die Montagsdemos auch 2023 fort. Auch der Betreiber des örtlichen Busunternehmes „Schröder“, Björn Schröder, lief regelmäßig in den Montagsdemos mit.
Schon im Januar dieses Jahres beteiligte sich mit Michael Kaufmann ein AfD-Bundestagsabgeordneter in Hermsdorf. Im Sommer luden die Hermsdorfer*innen sich den Demobus von „AUF1“ ein, einem online-TV-Sender des österreichischen Neonazis Stefan Magnet. Am 10. Oktober hing am mitfahrenden LKW in der Hermsdorfer Montagsdemo eine italienische Flagge mit dem Aufdruck: „Gott, Heimat, Familie“ – eine deutliche Referenz zum Wahlerfolg der italienischen Faschistin Meloni und deren offenen Bekenntnis zum historischen Faschismus unter Mussolini, der mit „Gott, Familie, Vaterland“ warb. Direkt dahinter lief der Fraktionsvorsitzende der AfD im Saale-Holzland-Kreis, Jörg Henke aus Crossen/Elster.
Eine besondere Rolle für die rechten Hermsdorfer Montagsproteste spielt die Bürgerinitiative (BI) Holzland, die sich in einzelne Ortsgruppen und eine Stadtratsfraktion aufgliedert. Ihr Hauptthema ist seit Jahren die Ablehnung von Windkraft in der Region. Hierbei wurden sie auch von Landespolitikern wie Mario Voigt (CDU) oder Thomas Kemmerich (FDP) unterstützt. BI-Aktivistin Silke Fengler war 2019 im Wahlkampf für die „BiH“ aktiv, bevor sie begann, die Montagsdemos mitzuorganisieren. Ebenso Olrik Hopfmann-Poller von der BI St. Gangloff, der seit Jahren gegen Windkraft mobilisiert, im Juni 2020 an der Organisation der frühen Geraer Corona-Aufmärsche beteiligt war und nun Dauerredner auf den Hermsdorfer Montagsdemos ist. Weite Teile der BI sind eng mit der AfD vernetzt, allen voran der ehemalige BI-Landtagskandidat Tobias Gruber aus St. Gangloff. BI-Aktivist Harald Peter aus Tautenhain vernetzte sich mit Björn Höcke und wirbt als montäglicher Stammredner in Hermsdorf für die AfD, Höcke, Putins Angriffskrieg und hetzt gegen Muslim*innen. Anfang Oktober wetterte Peter etwa: „Man muss diesen Verrückten in Kiew absetzen und das kann nur Putin!“. Die rechten BI-Strukturen bilden Basis und enges Umfeld des Hermsdorfer Bürgermeisters Benny Hofmann. Aber auch Windkraftgegner Jörg Diettrich, der 2019 noch für Die Linke zur Kreistagswahl antrat, ist regelmäßiger Teilnehmer und trat zuletzt am 14.11.2022 an das Mikrofon der Montagsdemo. Die Linke hat sich inzwischen von ihm distanziert.
Inhaltlich griff die Hermsdorfer Montagsdemo zum Jahresende auch die rassistischen Diskurse gegen die Aufnahme von Geflüchteten auf, die vor allem in Sachsen aktuell in eine neue Welle rechter Aufmärsche übergehen. In Hermsdorf wurde Anfang Januar eine neue Außenstelle der Landeserstaufnahme für Geflüchtete eröffnet – eine menschenunwürdige Halle mit hunderten Doppelstockbetten.
Saalfeld
In Saalfeld werden nach wie vor Proteste durch den Fitnessstudiobetreiber Steffen Teichmann von „Bürger für Thüringen“ und Thomas Treuner organisiert. Die Teilnehmer*innenzahlen waren sowohl im Sommer 2022 als auch Anfang 2023 höher als anderswo in der Region. AfD-Funktionäre wie Denis Häuser gehören genauso zu Stammgästen wie Tobias Winter, der als „Bienenmann“ seit Jahren europaweit gefragter Liedermacher im militanten Netzwerk von Blood & Honour ist.
Ebenso lief in Saalfeld häufiger Christian Dietzel mit, der seit Mitte der 1990er Jahre den „Thüringer Heimatschutz“ (THS) mit aufbaute, die ersten eigenen THS-Immobilien pachtete und auch nach 2011 noch zu den engsten UnterstützerInnen und Vertrauten des NSU-Helfers Ralf Wohlleben zählte. Am 3. Oktober 2022 lief Christian Dietzel zusammen mit seiner Frau Jana und Andreas Börner aus Schmiedefeld mit. Letzterer ist früher Rechtsrock-Veranstalter und V-Mann des Verfassungsschutzes gewesen.
Auch die jüngeren und militanten Nazis Steven Hause und Philipp Klinkhart beteiligten sich. Am 10. Oktober trat bei Steffen Teichmanns Kundgebung neben der Saalfelderin Petra Michel auch der Verschwörungsideologe, rechte Publizist und ehemalige Arzt Gerd Reuther auf. Reuther, der Mitglied bei „Die Basis“ ist, erklärt Corona-Schutzimpfungen in Shoa-relativierender Absicht für ein Instrument millionenfachen Mordes und setzt ökologische politische Diskurse mit Stalins Gulagsystem gleich. Wie ein OTZ-Kommentar zum Autokorso Rudolstadt-Saalfeld vom selben Tag bestätigt, teilen viele Teilnehmer*innen der Aktion Reuthers antisemitische Ideologie.
Rück- und Ausblick
Die beständigen Montagsdemos erzeugen inzwischen nur noch wenig Aufmerksamkeit. Mit der Aufhebung der Corona-Schutzmaßnahmen ist das ursprünglich zentrale Thema der rechten Proteste in den Hintergrund gerückt. Die Mobilisierungen erreichten ihre Höhepunkte, als Demonstrationen aufgrund von Missachtungen der Auflagen aufgelöst wurden, als die Impfpflicht im Pflegesektor beschlossen und als erste Bußgelder wegen deren Missachtung drohten. Diese Themen können nun kaum noch mobilisieren, weil die entsprechenden staatlichen Eingriffe nicht mehr stattfinden. Unabhängig davon, wie viel oder wenig die Proteste, verglichen mit dem Abflauen der Pandemie, mit diesen Entwicklungen zu tun haben, erklären die rechten Montagsproteste sie zu ihrem eigenen Erfolg.
Mit der russischen Invasion der Ukraine und der mehrheitlich kritischen Position etablierter Parteien und gesellschaftlicher Gruppen gegenüber Russland haben die Montagsdemos ein neues Thema gefunden. Die realen Preissteigerungen und Inflation trugen zur individuellen Spürbarkeit der Krise bei. Entsprechend ihrer verschwörungsgläubigen und autoritären Ideologie strickte dieses rechte Spektrum neue Erzählungen, welche vermeintlich verdeckten Schachzüge und Interessen der USA hinter dem russischen Angriffskrieg stünden. Die Hauptsache für die Montagsmarschierer*innen ist inzwischen das Verharren in Selbstbestätigung und alten Feindbildern, teils strukturell, teils offen antisemitisch.
Da die Montagsdemos flächendeckend alles an bekannten rechten Diskursen aufgreifen und verstärken, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Ostthüringen die Abwehr von Geflüchteten wieder in den Vordergrund rückt. Vor genau zehn Jahren war es dieses Thema, das von Greiz aus erst David Köckerts „Thügida“-Aufmärsche hervorbrachte und dann der AfD von einer rechten Randerscheinung zur dauerhaften politischen Kraft verhalf.
Zu Kahla muss man resümieren, dass es zwar ein beständiges rechtes Potenzial, aber eine starke allgemeine Agonie gibt, die auch rechte Mobilisierungen erschwert. Im Vergleich mit etwa Hermsdorf und Saalfeld sind die Demos in Jena relativ klein geblieben. Nichtsdestotrotz hat sich auch Jena daran gewöhnt, dass wöchentlich bekannte rechte AktivistInnen und NetzwerkerInnen krude Verschwörungserzählungen und prorussische Kriegshetze verbreiten. Es gibt zwar immer wieder Gegenaktionen, diese könnten jedoch weitaus lauter und effektiver sein. Um es klar zu sagen: Die Erfahrung zeigt, dass solche Bewegungen immer dann auf einen harten Kern ausdünnen oder die Lust verlieren, wenn es dauerhaften, hartnäckigen Widerstand und offensive Störungen gibt. Die Hoffnung, dass sich eine lose und von Fluktuation geprägte Menge an Montagsdemonstrierer*innen über die Zeit verläuft, hat sich überlebt. Seit 2020 haben sich in den benannten Städten neue Gruppen und Netzwerke gebildet, die inzwischen zu gefestigt sind, für deren Milieu sie eine wichtige soziale Instanz darstellen und die im rechten Lager überregional zu vernetzt sind, um ohne Druck von außen zu verschwinden. Auf Hermsdorf und Saalfeld trifft das umso mehr zu, weil die dortigen Antifaschist*innen noch weniger Kapazitäten für effektive Gegenaktionen haben.
Wie sich dieses gefestigte rechte Potenzial langfristig auswirkt, muss die Zeit zeigen. Das greifbarste Resultat dürfte die lückenlose Unterstützung dieser Strukturen für die AfD sein, die sich bei Wahlen niederschlagen wird. Ein weiteres Resultat ist die rassistische Hetze gegen Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine und gegen Geflüchtete allgemein. Auch die Normalisierung der „alten Rechten“, also all der ehemaligen NPD- und Thügida-Kader, Shoa-LeugnerInnen und ReichsbürgerInnen, die eine Symbiose mit den Montagsdemos bilden, stellt eine deutliche Bedrohung dar. Für Jena und speziell den Saale-Holzland-Kreis sowie Saalfeld-Rudolstadt können wir nur hoffen, dass antifaschistische Strukturen durchhalten und die punktuellen sowie sehr erfreulichen Initiativen junger Menschen sich verstetigen. Außerdem hoffen wir, dass auch weiterhin offensiv für mehr Aspekte eines guten Lebens gekämpft wird und nicht bloß gegen die Präsenz von Nazis an Montagen.