Am 11.6.2022 marschierten rund 50 AnhängerInnen der Neonazi-Splitterpartei „Neue Stärke“ durch Rudolstadt. Anlass war der Tod eines ihrer lokalen Aktivisten, Falk Seidl. Seidl hatte erst zu Jahresbeginn mit einer Handvoll Gleichgesinnter eine neue Abteilung der Partei im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt ausgerufen. Dass die erste richtige Aktion der Partei in Rudolstadt ausgerechnet ein Trauermarsch für einen ihrer örtlichen Vorkämpfer werden sollte, hatten sich die Neonazis sicher anders vorgestellt. Am 13.8.2022 gab es erneute Kundgebungen der Neonazipartei in Saalfeld und Rudolstadt. Obgleich die Gruppierung bislang wenig Relevanz in der Region hat, lohnt sich ein erster Blick auf ihre örtlichen AktivistInnen und deren Umfeld. In der entstehenden Abteilung Saalfeld-Rudolstadt vereinen sich verschiedene neonazistische Spektren. Es bleibt zu beobachten, ob die kleine Gruppe ihrem Anspruch gerecht wird, die überwiegend subkulturelle Naziszene im Landkreis zu bündeln.
Die “Neue Stärke Partei“ (NSP) wurde ursprünglich als „Neue Stärke Erfurt“ gegründet und stellt eine Abspaltung vom dortigen Stützpunkt von „Der Dritte Weg“ dar. Neben Erfurt bildete sich als zweiter Stützpunkt bald Gera heraus. Der dort ansässige Wortführer Bryan Kahnes wurde bald darauf auch zum Bundesvorsitzenden gewählt. In Thüringen gibt es darüber hinaus entstehende Strukturen in Sömmerda und in Saalfeld-Rudolstadt, während überregional vor allem in Magdeburg und Rheinland-Pfalz NSP-Gruppen bestehen. In Anbetracht des öffentlichen Auftretens, der Programmatik und der von Bryan Kahnes eingesprochenen Podcasts geht es der NSP bewusst um inhaltliche Unschärfe, rechte Allgemeinplätze und pompöse Symbolik – in der Hoffnung, so noch einige unorganisierte Neonazis aus verschiedenen Spektren für sich gewinnen zu können. Die NSP proklamiert den Anspruch, eine Sammlungspartei für das gesamte neonazistische Spektrum zu sein. Das ist nicht nur angesichts der zersplitterten Rechten realitätsfern, sondern aufgrund der weithin isolierten Erfurter Gründungskader der Partei, Michel Fischer und Enrico Biczysko, auch praktisch unmöglich. Gleichwohl konnten wenigstens in Teilen AktivistInnen anderer Neonazi-Strömungen gewonnen werden, die zur NSP überliefen, unter Doppelmitgliedschaft die NSP unterstützen oder als Unorganisierte an NSP-Aktionen teilnahmen. Der sehr kleine “Stützpunkt” Saalfeld-Rudolstadt zeigt ähnliche Tendenzen.
Sabrina Töpfer
Treibende Kraft hinter dem Aufbau einer Abteilung im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt dürfte Sabrina Töpfer aus Saalfeld gewesen sein. Töpfer war in der NSP Aktivistin der ersten Stunde und tritt bundesweit als Rednerin auf, so letztes Jahr in Braunschweig und im April 2022 in Ingelheim (Rheinland-Pfalz). Dass das Gründungsfoto des örtlichen Stützpunktes gerade an jenem 7.1.2022 aufgenommen wurde, als auch Töpfer erstmalig zu einem Corona-Spaziergang nach Rudolstadt kam, untermalt ihre Führungsrolle innerhalb der Strukturen. Auch die örtliche Flyerverteilung vor dem 1. Mai 2022 wurde durch Töpfer koordiniert. Ohne sie scheint der „Stützpunkt“ noch keine Aktivitäten entfalten zu können.Töpfer zählt zur Führungsriege der NSP und ist regelmäßig ohne Begleitung aus SLF-RU mit den Führungskadern aus Thüringen und Rheinland-Pfalz überregional auf Aufmärschen der NSP oder anderer Gruppen dabei. Insbesondere mit André Millenautzki aus dem rheinland-pfälzischen Ingelheim scheint sie gut vernetzt zu sein, wie deren gemeinsame Auftritte bei mehreren Aufmärschen zeigten. Millenautzki ist weiterhin Landesvorsitzender von “Die Rechte Südwest” und der “Kameradschaft Rheinhessen”, tritt jedoch zu NSP-Anlässen auch in deren Parteiuniform auf. Darüber hinaus fiel er in der Vergangenheit als Unterstützer des verbotenen militanten Netzwerks „Blood & Honour“ auf und trägt den Namen des dazugehörigen bewaffneten Netzwerks „Combat 18“ auf dem Unterarm tätowiert.
Jonas Baumbach
Jonas Baumbach kommt aus Rudolstadt und zählte bislang eher zu FreundInnenkreisen von örtlichen Neonazis als dass er selber aktiv war. Im November 2020 fuhr er dann mit einer Reisegruppe von Neonazis aus SLF-RU, Gotha und Eisenach zum Querdenken-Großaufmarsch nach Leipzig. Zum 1. Mai 2021 in Erfurt erschien er ebenso mit einer größeren Gruppe aus SLF-RU, zu der auch Baumbachs Rudolstädter Kameraden Sebastian Hoffmann und Tobias Krahl zählten. Hier war auch das Turonen-Mitglied Max Warstat dabei, der erst am 16.6.2022 wegen seiner Beteiligung an den Mafia-Geschäften der Turonen in Untersuchungshaft genommen wurde. Am 11.12.2021 kam Baumbach erneut mit seinen Rudolstädter Kameraden zu einer NSP-Kundgebung nach Erfurt. Er beteiligte sich zudem vermummt am Gründungsfoto der NSP-Abteilung in SLF-RU im Innenhof der Heidecksburg [Korrektur; ursprünglich stand hier „am Rudolstädter Marktbrunnen“] am 7.1.2022.
Tobias Krahl
Tobias Krahl (Jahrgang 1994), Spitzname „Elbi“, kommt ursprünglich aus Sachsen und lebt seit einigen Jahren in Rudolstadt. Der gelernte LKW-Fahrer war 2020 bereits Teil einer losen rechten Jugendgruppe aus Pößneck und Rudolstadt, die sich „Patrioten Gruppe Thüringen“ (PGT) nannte. Die Pößnecker Initiatoren der Gruppe hatten sich zuvor bereits als „Neue Hitlerjugend“ (NHJ) einen Namen gemacht. Auch zur jetzigen Zeit gehört Krahl zu einer losen Gruppe rechter Jugendlicher, die sich regelmäßig vor seinem Wohnhaus am Platz der Opfer des Faschismus am Rudolstädter Bahnhof trifft und dort den öffentlichen Raum dominiert. Krahl pflegt seit Jahren Kontakte in neonazistische Hooligan-Milieus. Auf Naziaufmärschen fiel Krahl erstmalig zum 1. Mai 2021 auf, als er mit einer Reisegruppe aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt (SLF-RU) an der NSP-Kundgebung auf dem Erfurter Domplatz teilnahm. Im Dezember 2021 fuhren die Rudolstädter NSP-Aktivisten um Tobias Krahl und Falk Seidl erneut nach Erfurt zur Kundgebung. Im selben Zeitraum hatte die kleine Gruppe begonnen, auf den Rudolstädter Corona-Spaziergängen in Formation mit Fackeln die Spitze zu bilden. Am 7.1.2022 kamen die AnführerInnen der NSP aus Saalfeld und Erfurt nach Rudolstadt und schossen vor dem abendlichen Aufmarsch der Pandemieleugner*innen ein Gruppenfoto. Krahl posiert auf diesem Bild mit Sturmhaube in Reichsfarben und Bengalo. Nachdem der Rudolstädter NSP-Aktivist Falk Seidl im Sommer 2022 verstarb, marschierte Krahl am 11. Juni mit mehreren Dutzend aus verschiedenen Städten angereisten NSP-AnhängerInnen zum Gedenken an Seidl durch Rudolstadt.
Ralf Gabel
Ralf Dieter Gabel kommt aus Kamsdorf bei Saalfeld und zählt seit mindestens 12 Jahren zur organisierten Naziszene im Landkreis. Zusammen mit den NPD-Kadern David Köckert aus Greiz und Robert Köcher aus Kahla gründete er den dazugehörigen Verein und organisierte dutzende Aufmärsche in Thüringen und Sachsen. Bei einem Thügida-Besuch in Bautzen filmte “Spiegel TV” Gabel dabei, wie er ein Hakenkreuz-Bild auf seinem Smartphone zeigte (hier zu sehen ab 0:14min). Ob es sich dabei um eine plumpe Provokation oder seinen Bildschirmhintergrund handelt, ist nicht zu erkennen. In Rudolstadt trat Gabel 2016 selber als Redner ans Mikrofon, um Reichsbürger-Mythen und Antisemitismus zu verbreiten. Gabel beteiligte sich in den Folgejahren an Aufmärschen der militanten Kleinstpartei “Der Dritte Weg”, fuhr zu zahlreichen Rechtsrockfestivals und besuchte bundesweit Aufmärsche zur Unterstützung von Shoa-LeugnerInnen. Im Jahr 2019 fuhr Gabel mit Thüringer Neonazis bis nach Budapest, um an der Wehrmachts-Glorifizierung “Ausbruch 60” teilzunehmen. Gabel beteiligte sich genauso an Kundgebungen der AfD 2018 in Erfurt und 2019 in Saalfeld. Zu Beginn der rechten Corona-Aufmärsche in Gera gehörte er auch zu einer Gruppe von Neonazis, die regelmäßig mitliefen. Später fuhr Gabel auch zu Großaufmärschen der Szene nach Erfurt und Leipzig.
Seit 2021 beteiligt sich Gabel an Aufmärschen und Kundgebungen der Neuen Stärke Partei (NSP). Mit Jahresbeginn 2022 tauchte Gabel auch neben weiteren als Fackelträger der NSP auf Corona-Aufmärschen in Rudolstadt auf und beteiligte sich – vermummt mit Sturmhaube – am Gründungsfoto der “Abteilung Saalfeld-Rudolstadt” der NSP. Seitdem tritt er auch in Parteikleidung auf Aufmärschen der Gruppe in Erfurt oder Gera auf. Dass Gabel sich einer Kleinstpartei mit Uniformierung anschließt, stellt in seiner politischen Biographie eine Neuerung dar.
Sebastian Hoffmann
Der 1988 geborene Sebastian Hoffmann stammt aus Rudolstadt und ist seit einem guten Jahrzehnt in der Naziszene im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt aktiv. Hoffmann trat lange im Stil der autonomen Nationalisten mit Sonnenbrille und Kapuze auf Naziaufmärschen auf, oft in Begleitung der Saalfelder Felix Reck (später Jungsturm Erfurt) und Maximilian Warstat (später Turonen / Garde 20). Gemeinsam posierten die Neonazis 2016 in Anlehnung an den Thüringer Heimatschutz als „Anti-Antifa Ostthüringen“ und präsentierten dabei u.a. eine Fahne des rechtsterroristischen Netzwerks Combat 18. Hoffmann fuhr außerdem im Folgejahr mit einem Südthüringer Reisebus zum “Hammerfest” nach Mailand, dem europaweiten Festival der militant-rassistischen Hammerskin-Bruderschaft. Seitdem beteiligte sich Hoffmann an zahlreichen Thügida-Aufmärschen in Thüringen, an Aufmärschen von “Der Dritte Weg” in Saalfeld, Plauen und Chemnitz und an Rechtsrockfestivals.
Bei der “Neuen Stärke” tauchte Hoffmann bereits zum 1. Mai 2021 als Plakatträger in Erfurt auf. Zusammen mit ihm reisten u.a. Tobias Krahl und Jonas Baumbach an, die später an der Gründung des Rudolstädter Stützpunkts der NS-Partei beteiligt waren. Gemeinsam prägte diese Gruppe auch die Corona-Protestspaziergänge in Rudolstadt im Winter 2021-2022, wo sie wiederholt mit Fackeln und in Parteikleidung an der Spitze liefen.
Das lokale Umfeld: Nazi-Rocker, Rechtsrocker, rechte Hooligans
Die Handvoll NSP-AktivistInnen in SLF-RU scharen ein Umfeld von lokalen Neonazis um sich, die anlassbezogen mit zu Aktionen fahren. Ob sich aus diesen Kreisen noch mehr dauerhaft der Partei anschließen, kann noch nicht abgesehen werden. Dieses Umfeld illustriert gleichwohl, welche erste Wirkung die rudimentären Strukturen der NSP im Landkreis aktuell entfaltet.
Rick Lüftner aus Oberpreilipp bei Rudolstadt beteiligte sich wiederholt an den NSP-Fackelaktionen bei Corona-Spaziergängen. Lüftner war 2013 noch in der Solidaritäts-Kampagne für den NSU-Helfer Ralf Wohlleben aktiv, bewegte sich dann mit der rechten Rockergruppe „C6H6“ im Umfeld der Hell‘s Angels und unterstützte 2015 die militante Splitterpartei „Der Dritte Weg“. Nach Falk Seidls Tod im Juni 2022 verbreitete Lüftner öffentlich auf Facebook Verschwörungserzählungen eines vermeintlich linken Mordes und nutzte dies für Morddrohungen gegen Linke.
Aus Lüftners früherer Nazi-Rockergruppe stammt auch Erik Schäfer. Schäfer kommt aus Königsee am Rennsteig und ist Sänger der seit wenigen Jahren existierenden Rechtsrockband „Gebirgsjäger“. Am 1. Mai 2019 marschierte Schäfer noch in Parteikleidung von „Der Dritte Weg“ durch Plauen. Zum Großaufmarsch der Corona-LeugnerInnen am 29.8.2020 reiste Schäfer mit weiteren Neonazis aus dem Landkreis nach Berlin. Zum 1. Mai 2021 fuhr Schäfer mit der Reisegruppe aus SLF-RU zur NSP-Kundgebung nach Erfurt. Zusammen mit Schäfer beteiligen sich seit Jahren auch weitere Neonazis aus den Dörfern zwischen Königsee und Saalfeld an Naziaufmärschen und Rechtsrockfestivals. Zum 1. Mai 2021 nach Erfurt fuhr mit Schäfer u.a. Maik Gläser aus Allendorf.
Zur NSP-Kundgebung am 1. Mai 2021 in Erfurt reiste mit der Gruppe aus SLF-RU auch der Neonazi-Hooligan Eric Holzhey aus Saalfeld an. Holzhey zählte zum „Jungsturm Erfurt“, dessen vier Führungsmitglieder vom Landgericht Gera wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zu Haftstrafen verurteilt wurden. Holzhey hatte seit 2018 regelmäßig zusammen mit Felix Reck in Saalfeld politische Gegner*innen brutal angegriffen und sich mit dem Jungsturm an schweren Übergriffen auf Fans des FCC Jena beteiligt. Holzhey war in einem Jugendstrafprozess vorm Amtsgericht Rudolstadt wegen einzelner Körperverletzungen zu einer geringen Strafe verurteilt worden.
Maximilian Warstat zählt schon seit seiner Jugend zur militanten Naziszene aus Saalfeld-Gorndorf. Nachdem er mit dem heutigen NSP-Aktivisten Sebastian Hoffmann, David Heinlein und anderen militanten Nazis aus dem Landkreis jahrelang überregional Aufmärsche besuchte und Anti-Antifa-Aktivismus durch Bedrohungen und Übergriffe betrieb, schloss sich Warstat der 2015 gegründeten “Bruderschaft Turonen / Garde 20” an. Fortan übernahm er unter Führung des Saalfelder Turonen-Führungskaders Steffen Richter Verantwortung im Neonazi-Konzertgeschäft, das den Turonen 2016-2017 Hunderttausende Euro einbrachte. Als infolge des behördlich verhinderten Großevents in Mattstedt bzw. Magdala 2018 die Turonen ihr Geschäftsmodell weiter in Richtung Handel mit Drogen, Waffen und Menschen ausbauten, kam Warstat in Saalfeld die Rolle eines Weiterverkäufers von Drogen zu. Zwischenzeitlich versuchte der Thüringer Verfassungsschutz – zumal im Landkreis Saalfeld in ganz schlechter Tradition – Warstat als V-Mann anzuwerben. Auf politischen Aktionen tauchte Warstat seither seltener auf, wenngleich er zur Solidarität mit seinem Saalfelder Kumpel Felix Reck 2020 mehrfach am Amtsgericht Rudolstadt erschien. Und zum 1. Mai 2021 schloss er sich der örtlichen Reisegruppe zur Kundgebung der NSP in Erfurt an. Im Sommer 2022 wurde Warstat dann in einer vorerst letzten Verhaftungswelle als Teil der Neonazi-Mafia der Turonen in Untersuchungshaft genommen.
Lars Zitzmann aus Saalfeld war 2016-2019 noch auf zahlreichen Aufmärschen von „Der Dritte Weg“ in Parteiuniform anzutreffen, zumeist in Begleitung des „Stützpunktleiters Thüringer Wald-Ost“, Marcel Funke aus Quittelsdorf. Zitzmann fuhr am 1. Mai 2021 an der Seite von Sebastian Hoffmann und Maximilian Warstat mit zur NSP-Kundgebung nach Erfurt. Mit Erik Lindner aus Bad Blankenburg schloss sich ein weiterer unorganisierter Neonazi der Reisegruppe an.
Aus den Kreisen der früheren „Neuen Hitlerjugend“ (NHJ) bzw. „Patrioten Gruppe Thüringen“ (PGT), zu denen auch NSP-Aktivist Tobias Krahl zählte, kommt Jennifer Lorenz, die sich mit der Gruppe aus SLF-RU am 1. Mai 2021 an der NSP-Kundgebung in Erfurt beteiligte. Lorenz wohnt im Leipziger Umland, gehörte aber früher zu den rechten Jugendcliquen zwischen Rudolstadt und Pößneck. Im Februar 2022 lief sie beim Großaufmarsch der bundesweiten Naziszene in Dresden mit.
Als die NSP-AktivistInnen aus Rudolstadt am 11.1.2022 mit Fackeln vor dem Rudolstädter Marktbrunnen posierten, war auch Matthias Brandt aus Schwarza dabei. Brandt ist der Onkel des ehemaligen V-Mannes und NSU-Helfers Tino Brandt und ist bis heute einer der letzten Rechten, der Brandt noch unterstützt. Matthias Brandt war lange NPD-Funktionär im Landkreis SLF-RU, schloss sich dann den OrganisatorInnen der Thügida-Aufmärsche an und war in den vergangenen Jahren bundesweit bei Aktionen von Shoa-LeugnerInnen und bei Querdenken-Aufmärschen dabei. Bei alledem ist er seit einem guten Jahrzehnt in Begleitung des jetzigen NSP-Aktivisten Ralf Gabel. Brandt lief beim NSP-Trauermarsch für Falk Seidl am 11.6.2022 als Fackelträger durch Rudolstadt.
Einschätzung: Auf politischer Ebene sehr beschränkt, gestiegenes Bedrohungspotential für Nazi-Gegner*innen
Als politische Partei wird die NSP im Landkreis SLF-RU eine Randerscheinung bleiben. Sie wird sicherlich Wahlkämpfe nutzen, um mittels Plakatierungen und Kundgebungen ihre NS-Ideologie in SLF-RU zu verbreiten. Sitze in Kommunalparlamenten werden die Nazis jedoch nicht anstreben. Aktuell profitiert die NSP innerhalb der rechten Szene davon, ein neues Phänomen mit plakativer, eingängiger Symbolik und Rhetorik zu sein und rechts der AfD in SLF-RU keine Parteikonkurrenz zu haben. Die NSP hat es zumindest geschafft, dass Einzelpersonen wie Lars Zitzmann, Rick Lüftner oder Erik Schäfer, die alle früher in Parteikleidung von “Der Dritte Weg” marschierten, an ihren Aktionen teilnahmen. Dass sich das nicht gegenseitig ausschließen muss, ist zwar erklärtes Konzept der NSP. In der Realität konkurrieren die beiden Strömungen jedoch klar miteinander und vor allem “Der Dritte Weg” grenzt sich leidenschaftlich und mit viel elitärer Rhetorik von anderen Nazi-Strömungen ab.
Personell ist der seit rund einem Jahr entstehende Stützpunkt sehr schwach besetzt. Sabrina Töpfer ist zwar eine überregional gut vernetzte und mobile Parteiaktivistin, hat aber im Landkreis keine große Anbindung an die Szene. Und das restliche Personal besteht eher aus Fackelträgern als aus Rednern und Organisatoren. Dieses Bild gab auch die NSP-Kundgebung am 13.8.2022 vor dem Klubhaus Saalfeld ab: Die Kader aus Erfurt und Gera waren ohne öffentliche Ankündigung angereist, um gegen Jugendarbeit und alternative Konzertkultur zu hetzen. Von den örtlichen AktivistInnen war mit Ausnahme von Ralf Gabel hingegen nicht viel zu sehen.
Für Betroffene rechter Gewalt ist die Aktivierung der NSP-AnhängerInnen trotzdem eine neue Bedrohung. Erfahrungen aus Erfurt-Herrenberg zeigen, dass die AnhängerInnen der NSP sehr gewaltaffin sind und, einmal zu Treffen versammelt, ihre NS-Ideologie auch spontan durch brutale Übergriffe durchzusetzen versuchen. Die Erfurter NSP-Anhänger sind für einen folgenschweren rassistischen Übergriff vor ihrer damaligen Zentrale in Erfurt-Herrenberg und Angriffe auf Journalist*innen verantwortlich. Auch an ihrem neuen Treffpunkt am Wohnort von Florian Rassbach in Erfurt-Ilversgehofen breiten sich die Nazis mit brutalen Übergriffen aus. Genauso finden sich unter den Magdeburger NSP-Kadern bekannte Gewalttäter. Und die bekannten rechten Übergriffe durch den Ingelheimer Kader André Millenautzki und dessen Unterstützung rechtsterroristischer Netzwerke von “Blood & Honour / Combat 18” sollten sehr ernst genommen werden – vor allem aufgrund der guten Verbindungen Sabrina Töpfers zu ihm. Eine Vereinigung all dieser militanten Kader und Netzwerke in einer Organisation wie der NSP stellt auch für den Landkreis SLF-RU eine ernste, verschärfte Bedrohungslage dar. Mit der Kundgebung am 13.8.2022 vor dem Klubhaus haben die Nazis bereits einen konkreten Ort und dessen Nutzer*innen als Feinde markiert.
Aus antifaschistischer Perspektive besteht daher die Hoffnung, dass mit dem Veröffentlichen von Bildern und Namen den gern vermummt auftretenden NSP-Nazis im ersten Schritt ein Stück Anonymität genommen werden und den mutigen Gegner*innen der Nazis im Landkreis mehr öffentlich zugängliche Informationen für ihre antifaschistische Arbeit zur Verfügung gestellt werden kann. Auf dass sich das Parteiphänomen noch schneller erledigt als die vielen früheren gescheiterten Projekte der Erfurter Gründungskader Michel Fischer und Enrico Bicysko und sich die Nazis aus SLF-RU wieder in ihre Kneipen- und Liedermacherabende zurückziehen!