AfD Stadtverband Jena

Die extrem rechte “Alternative für Deutschland” (AfD) hat für die am 26. Mai 2019 stattfindende Wahl des Jenaer Stadtrats insgesamt 13 Kandidat*innen aufgestellt. Wie auch im bundesdeutschen Kontext ist die AfD Thüringen, ihrem auf Bürgerlichkeit getrimmten äußerem Erscheinungsbild zum Trotz, als Sammelbecken rassistischer, sexistischer, geschichtsrevisionistischer, reaktionärer Rechter zu bewerten, wobei vom Verschwörungstheoretiker bis zum (Ex)-Nazikader fast alles zu beobachten ist, was die Rechte bzw. extreme Rechte hergibt. Deutlich wird dies schon allein an den beiden Landesvorsitzenden des Thüringer Ablegers, Björn Höcke und Stefan Möller. Höcke, der fortlaufend durch sein NS-Vokabular auffällt, und enormes Aufsehen erregte indem er das Berliner Holocaustdenkmal als “Denkmal der Schande” betitelte, nahm in der Vergangenheit u.a. an einem Neonaziaufmarsch in Dresden teil. Desweiteren ist er mit dem stellvertretendem NPD-Parteivorsitzenden und Neonazi Thorsten Heise befreundet, dessen Vorstrafenregister von Nötigung bis Landfriedensbruch, über Körperverletzung bis Volksverhetzung reicht. Auch Stefan Möller pflegt enge Kontakte zu extrem rechten Netzwerken. (1) Außerdem existieren Überschneidungen der völkisch-nationalistischen “Identitären Bewegung” und rechten Burschenschaften mit der AfD. (2)

An dieser Stelle soll es nun konkret um die Jenaer AfD gehen:

Die Partei nutzte in den Jahren 2014 bis 2016 fast ausschließlich die “Grüne Tanne” in der Karl-Liebknecht-Straße 1 in Jena-Ost, im gleichen Haus ist die Burschenschaft Arminia ansässig, für deren zumeist als “Bürgerstammtisch” ausgewiesenen Veranstaltungen, wobei auch die offizielle Gründung des Stadtverbands in jenen Räumlichkeiten beschlossen wurde. Ab 2016 dienten für AfD-Veranstaltungen u.a. das Volksbad Jena in der Knebelstraße 10, die Talschenke im Pennickental 44 in Jena-Wöllnitz sowie vermehrt das Gasthaus “Goldenes Schiff”, Alter Handelsweg 2 in Maua, welches mittlerweile das am häufigsten genutzte Objekt des Stadtverbandes ist. Auch die Räumlichkeiten der Burschenschaft Germania in der Seidelstraße 12 wurden in der Vergangenheit genutzt. Jüngst gelang es der Jenaer AfD wieder einen Raum in Lobeda unter Verwaltung des städtischen Eigenbetriebs JenaKultur für eine Veranstaltung anzumieten. Statt einer klaren Abfuhr gegen Rechtsaußen hofiert die Stadt Jena die AfD und trägt damit zu ihrer Normalisierung und Selbstinszenierung als „normale Partei“ weiter bei.

Lucas Saalfrank & Robert Mochrie

Lucas Saalfrank & Robert Mochrie

Die Nähe der AfD zu den Jenaer Burschenschaften äußert sich nicht nur durch die Wahl ihrer Räumlichkeiten als Veranstaltungsort, sondern auch durch personelle Überschneidungen. In der Burschenschaft Arminia finden sich Robert Mochrie und Lucas Saalfrank. Der Jurastudent Robert Mochrie war von 2015 bis 2017 stellvertretender Landessprecher der Jungen Alternativen Thüringen. Lucas Saalfrank studiert ebenfalls Jura an der FSU Jena, im Wintersemester 2018/19 war er Sprecher der Arminia. Im Sommer 2018 kandidierte er erfolglos auf der Liste des RCDS für den Studierendenrat der Uni. Am 30.11.2018 trat er als Redner bei einer AfD Veranstaltung in Effelder (Frankenblick) in der Nähe von Sonneberg öffentlich in Erscheinung. Zur Kommunalwahl tritt er auf Listenplatz 1 für den Gemeinderat Frankenblick und auf Listenplatz 17 für den Kreistag des Landkreises Sonneberg an. Sowohl Mochrie als auch Saalfrank waren an der versuchten Gründung des sogenannten „Deutschen Akademikerverband“ der „Korporierten in der AfD“ beteiligt. (3)

Alexander Claus

Alexander Claus

In der Germania Jena fielen bisher Tim Beutler, Alexander Claus und der Abgeordnete im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern Stephan Reuken als AfD-Mitglieder auf. Alexander Claus studiert in Jena Wirtschaftswissenschaften, war im Sommersemester 2018 Sprecher der Burschenschaft Germania und ist mindestens seit 2016 in der JA Thüringen aktiv.

In den letzten Jahren meldete die AfD einzelne Demonstrationen in der Jenaer Innenstadt an. Bei dem Aufmarsch am 12.09.2017 wurde von Teilnehmern der AfD-Demonstration das holocaustverherrlichende sogenannte U-Bahn-Lied („Eine U-Bahn bauen wir von der JG bis nach Auschwitz“) gesungen, ohne dass die Ordner*innen eingriffen. Auf der gleichen Demo kam es auch zu Übergriffen auf Journalisten und eine Landtagsabgeordnete durch AfD-Anhänger. (4) Als Redner traten namhafte Parteigrößen wie Alice Weidel, Steffen Möller, der Parteivorsitzende Alexander Gauland, sowie Björn Höcke auf. Vor Ort waren auch die beiden in Jena ansässigen und für die diesjährige Stadratswahl kandidierenden Denny Jankowski und Wiebke Muhsal zugegen. Muhsal ist seit 2014 Abgeordnete im Thüringer Landtag und war 2015/16 Landesprecherin der Jungen Alternative (JA). Muhsal gehört zu den Unterzeichnern der sogenannten “Erfurter Resolution” aus der 2015 “Der Flügel” hervorging. Diese innerparteiliche Strömung fordert sinngemäß eine offenere Zuwendung zu völkischen Werten innerhalb der AfD.
Im Jahr 2017 reichte die AfD Thüringen eine Klage gegen den damals amtierenden Jenaer Bürgermeister Albrecht Schröter ein, da dieser seine Neutralitätspflicht verletzt hätte indem er zu einem Workshop für Lokalpolitiker*innen einlud, der den Titel “Haltung zeigen gegen demokratiefeindliche Einstellungen” trug. Die Klage wurde vom Verwaltungsgericht Gera zurückgewiesen.
In ihrem Wahlprogramm zu den Stadtratswahlen 2019 gibt sich die Jenaer AfD betont bürgernah. Es geht um Wohnraum, Verkehr, Bildung sowie den Kampf gegen vermeintliche “kriminelle Jugendbanden”. Zudem wird ganz im Sinne der Extremismusdoktrin eine Abschaffung des “Jenaer Stadtprogramm gegen Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus, Antisemitismus und Intoleranz”, zugunsten einer alles gleichmachenden Praxis gefordert.

Jankowski

Denny Jankowski

Denny Jankowski

Denny Jankowski (Geb.: 27.04.1983) tritt zur Stadtratswahl als Spitzenkandidat für die Jenaer AfD an. Er wohnt in der Anna-Siemsen-Straße 5 in Winzerla und fährt eine silberne Mercedes A-Klasse mit dem Kennzeichen J-DJ-483. Seit 2013 ist Jankowski Mitglied der AfD. Im November 2014 wurde er zum stellvertretenden Sprecher des Kreisverbands Jena-Gera-SHK gewählt und ist seit November 2015 zusammen mit Wiebke Muhsal Sprecher des Kreisverbands. Jankowski arbeitet in Jena für Jenoptik, wo er neben seinen Tätigkeiten für die AfD als Betriebsrat aktiv ist.

Zur Bundestagswahl 2017 trat er als Direktkandidat für die AfD im Wahlkreis 191 (Jena – Sömmerda – Weimarer Land) an und erhielt 19,3 % der Erststimmen. Im Frühjahr 2018 trat er in Jena zur OB-Wahl an, wo er mit 7,7 % der Stimmen klar gegen die anderen Kandidat*innen verlor. 2019 tritt er sowohl an 1. Stelle der AfD-Liste zur Wahl des Jenaer Stadtrats, als auch auf Listenplatz 3 der Landesliste zusammen mit Tosca Kniese als Direktkandidat zur Landtagswahl im Herbst an.

Ehepaar Schild

Ralf Schild

Ralf Schild

Birgit Schild

Birgit Schild

Birgit (Listenplatz 8) und Ralf Schild (Listenplatz 2) sind beide schon seit Gründung des AfD Stadtverband Jena Anfang 2016 in dessen Vorstand als Beisitzerin und stellvertretender Sprecher aktiv. Häufig sind sie an Infoständen und bei Stammtischen in und um Jena anzutreffen. Sie wohnen in der Anna-Siemsen-Str. 10 in Winzerla direkt gegenüber von Jankowski und fahren einen weißen Scoda mit dem Kennzeichen J-BR-171. 2019 wollen sie in den Ortsteilrat von Jena-Winzerla einziehen, in dem Anfang der 2000er bereits der NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben vertreten war. Gemeinsam wollen sie für einen Law and Order, als auch Anti-Establishment-Kurs im Stadtteil eintreten.

Beutler

Tim Beutler

Tim Beutler

Zum Jenaer Stammpersonal der AfD Jena gehört auch Tim Beutler (Listenplatz 4). Beutler, geboren am 28. Februar 1996, studiert in Jena unter anderem Geschichte. Er besuchte das Albert Schweizer Gymnasium in Sömmerda und hat 2014 Abitur gemacht. Beutler war oder ist Mitarbeiter im Büro von Wiebke Muhsal und im Kreisverband Gera-Jena-SHK als Beisitzer im Vorstand. Er ist häufig an AfD-Ständen zu sehen und war in die Betreuung der Website des Kreisverbands eingebunden. Bei der AfD-Kundgebung bzw. Demo am 12. September 2017 fungierte er als Ordner. Außerdem ist er in der Burschenschaft Germania aktiv.
Beutlers Facebook-Accounts sind https://www.facebook.com/Balduin.Querbinder bzw. https://www.facebook.com/Tim.Beutler.AfD. Dort ist er unter anderem befreundet mit Torben Braga (Björn Höckes rechter Hand mit Verbindung zu JA und Identitärer Bewegung) und Philip Stein (Leiter der rassistischen Gruppierung „Ein Prozent“) und postet Beiträge der Germania Marburg, bei der sich zentrale Akteure der extremen Rechten von AfD über Identitäre Bewegung bis zum III. Weg die Klinke in die Hand geben und Protagonisten der sogenannten “Neuen Rechten” wie z.B. Alain De Benoist Vorträge halten. (5)

Tim Beutler Kekistan Flagge

Desweiteren bekundete Beutler auf Facebook seine Sympatie zur sogenannten “Alt Right”-Bewegung. So verwendete er z.B. eine von dieser häufig genutzte abgewandelte Reichskriegsflagge mit einem Bild von sich im Sommer 2017 als Profilbild. (6) In dieser ist das Hakenkreuz durch das sogenannte „Kekistan“-Logo ersetzt, das Anhänger der Alt-Right auf Plattformen wie 4Chan verwenden.
Am 12. August 2017 wurde in Charlottesville (USA) während dem “Unite the right”-Aufmarsch, der u.a. von Akteuren der “Alt right” organisiert wurde, die Gegendemonstrantin Heather Heyer von dem Faschist James Alex Fields Jr., der sein Auto mit hoher Geschwindigkeit in eine Gruppe von Gegendemonstrant*innen steuerte, ermordet. (7) Auch nach diesem Mord drückte Beutler weiterhin seine Sympatie für die „Alt Right“ aus, indem er weiterhin Memes der “Alt Right”-Bewegung verbreitete.
Bei Instagram postet Beutler unter dem Name tiwaz_tyskheim. Dort feiert er unter anderem Autoren wie Martin Lichtmesz, einer der führenden Akteure der Identitären Bewegung, aber auch viele andere Publikationen des Antaios-Verlages. Inhaber des Verlags ist Götz Kubitschek, der in Schnellroda außerdem das „Institut für Staatspolitik“ betreibt, dessen Veranstaltungen zur Vernetzung und ideologischen Schulung von IB-Kadern und AfD-Funktionären dienen.
Beutler wohnt Am Windknollen 3 in Cospeda; um dort hinzukommen, benutzt er häufig die Linie 16 ab Holzmarkt oder Johannisplatz. Anzutreffen ist er auch in der Uni oder im Haus der Germania (Seidelstr. 12).

Hanemann

Volker Hanemann

Volker Hanemann

Volker Hanemann (Listenplatz 5) ist seit Gründung des Jenaer Stadtverbands in dessen Vorstand als Beisitzer aktiv. Häufig ist er an Infoständen und bei Bürgerstammtischen anzutreffen. Hanemann fährt einen weißen VW Passat mit dem Kennzeichen J-AH-530 und wohnt in der Dorothea-Veit-Straße 41 in Lobeda Ost. 2019 kandiert Hanemann für den Ortsteilrat Jena-Neulobeda und den Stadtrat.

Wagenhaus

Volker Wagenhaus

Volker Wagenhaus

Volker Wagenhaus (Listenplatz 6) war mindestens von 1998 bis 2006 Betriebsrat bei Jenapharm. Er wohnt in der Leo-Sachse-Str. 74. Wagenhaus tritt 2019 zur Wahl des Ortsteilrates in Jena-Kernberge an.

Muhsal

Wiebke Muhsal

Wiebke Muhsal

Wiebke Muhsal wurde in Lüdinghausen in Nordrhein-Westfalen geboren. Sie wohnt im Bibliotheksweg 1b, 07743 Jena. Bis 2012 studierte sie Jura. Muhsal ist Mutter von vier Kindern, Mitglied in der AfD ist sie seit 2013. In den Jahren 2015 und 2016 war sie Landessprecherin der Jungen Alternative. Abgelöst wurde sie von Jana Schneider. Schneider arbeitete für Muhsal als Wahlkreismitarbeiterin und pflegt Kontakte zur Identitären Bewegung. (8) Seit 2014 sitzt Muhsal für die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag und ist Sprecherin der Fraktion für Familie, Bildung, Jugend und Wissenschaft. Wegen dem Abrechnen von Scheingehältern leitete die Staatsanwaltschaft Erfurt 2015 ein Verfahren wegen Betruges gegen sie ein, an dessen Ende sie zu 8000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde. In ihrer Funktion als Landtagsabgeordnete stellte sie in der Vergangenheit mehrere kleine Anfragen, u.a. zu Asylbewerbern, zur linken Szene und linken Projekten. Ende 2015 trat Muhsal für „Pro Schöngleina“ als Rednerin auf. (9) Diese Kundgebungen wurden auch von André Kapke, THS-Funktionär und Vertrauter des NSU-Trios, besucht. Wie oben erwähnt zählt Muhsal zu den Erstunterzeichner*innen der „Erfurter Resolution“. Aufmerksamkeit erregten auch ihre öffentlichen Reden, in denen sie von einem „linken Sumpf“ in Jena schwadroniert, der „schon viel zu lange nicht trockengelegt wurde“. (10) Muhsal vertritt ein reaktionäres Frauen- und Familienbild.

Boock

Christoph Boock

Christoph Boock

Christoph Boock (Listenplatz 9) ist bisher noch nicht wirklich öffentlich für die AfD in Erscheinung getreten. 2009 trat er bereits für die Liste der „Bürger für Jena“ zu den Stadtratswahlen an. Er wohnt in der Theobald-Renner-Str. 5b in Lobeda.

Drechsler

Harry Drechsler

Harry Drechsler

Der pensionierte Bauingenieur Harry Drechsler (Westendstr. 31) hat schon Ende der 1990er Jahre seine Laufbahn in verschiedenen extrem rechten Parteien begonnen. So war er 1998 Kreisvorsitzender und Gründungsmitglied des Kreisverband Jena des „Bund freier Bürger“. Kurz darauf trat er zur Landtagswahl 1999 für die Republikaner im Wahlkreis SHK II als Direktkandidat an.

2003 wurde der Thüringer Landesverband der „Deutschen Partei“ gegründet. Vorsitzender wurde Kurt Hoppe. Hoppe war bis 1997 Mitglied der „Republikaner“, danach trat er in die DVU ein und wurde dort stellvertretender Landesvorsitzender und Pressesprecher für Thüringen. Anfang der 2000er fiel er durch Kontakte zu dem Eisenacher Neonazi Patrick Wieschke auf, indem er am 02.12.2000 auf einem vom „Nationales und Soziales Aktionsbündnis Westthüringen“ (NSAW) organisiertem Aufmarsch in Schmalkalden als Redner sprach und am 28.04.2001 zusammen mit dem Eisenacher Neonazi Patrick Wieschke bei einer DVU-Veranstaltung in Mosbach auftrat. Am 23.03.2002 organisierte er in Erfurt eine Demonstration an der auch die NSU-Unterstützer André Kapke und Ralf Wohlleben teilnahmen. Auch nach seinem Eintritt in die „Deutsche Partei“ 2003 setzte Hoppe seine Kontakte zu Thüringer Neonazis fort und trat zum Beispiel bei der NPD Veranstaltung „Dritter Thüringentag der nationalen Jugend“ 2004 in Saalfeld als Redner auf.
Harry Drechsler wurde bei diesem neugegründeteten Landesverband zusammen mit dem Antisemiten und Reichsbürger Christian Bärthel stellvertretender Vorsitzender.

2014 trat Drechsler in die AfD ein, wo er seit November 2015 als stellvertretender Sprecher des Kreisverbands Jena-Gera-SHK aktiv ist.

Weitere

Jochen Müller

Jochen Müller

Florian Barth

Florian Barth

Dietmar Schütze

Dietmar Schütze

Außerdem treten zur Wahl Jochen Müller (Musäusring 6), der Student Florian Barth (Emil-Wölk-Straße 9), der am 30.11.2018 zusammen mit Denny Jankowski und Peter Gerhardt an einem Stammtisch der JA Thüringen im Alt-Jena teilnahm und Dietmar Schütze (Trießnitzweg 19) in Jena für die AfD an.