Junge Rechte in Thüringen – von Netzaktivismus zu Straßengewalt

Man sieht eine Gruppe jugendlicher bis junger Männer mit kurzen Haaren auf dem Erfurter Domplatz. Im Hintergrund ist die AfD-Bühne mit dem Wahlkampfmotto "Der Osten macht's" zu sehen. Mittig sieht man Robin Klein mit Shorts und einem schwarzen Shirt mit der Aufschrift "Kampf der Nibelungen".
Die Mittelthüringer Neonazijugend rund um die „Nationalrevolutionäre Jugend (NRJ) des III. Weg am 31.8.2024 beim AfD-Wahlkampfabschluss in Erfurt; mittig im Shirt vom „Kampf der Nibelungen“: Robin Klein aus Bad Berka (Bild: Pixelarchiv)

Rechts zu sein ist in der Thüringer Jugend Trend. Ihr Aktivismus beginnt bei rechter Selbstinszenierung und rechtem Hass auf Social Media, Raumnahmeversuchen durch Sticker-Aktionen und mündet nicht selten in physischer Gewalt gegen Personen, die nicht in ihr rechtsextremes Weltbild passen. Mal sind sie Teil diffuser rechter Cliquenstrukturen, mal in organisierteren (aber dennoch häufig stark fluktuierenden) Gruppen und Netzwerken aktiv – oder auch an klassische extrem rechte Parteistrukturen angebunden.

In diesem Artikel möchten wir einen Überblick über die verschiedenen Aktions- und Organisationsformen geben und über die Gefahren informieren, die von rechten Jugendlichen in Thüringen ausgehen. Wir werden dafür auf einige Thüringer Beispiele eingehen, aber bei weitem nicht alle Jungnazi-Strukturen in Thüringen abbilden können.

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Hitlergrüße, Hakenkreuze und ein Jenaer Basketballer: Neues vom Jungsturm Erfurt und ZSKA Sofia

Auf der Tribüne des Steigerwaldstadions stehen ca. 30 Neonazi-Hooligans, alle in schwarz oder schwarz-weiß gekleidet. Am Geländer haben sie ein großes schwarzes Banner "Kategorie EF", ein kleines schwarzes Banner "Erfurt über alles" und eine noch kleinere rote Zaunfahne "SOFIA ERFURT" befestigt.
Neonazi-Hooligans auf der Erfurter Tribüne am 1.10.2023: Daniel Burkhardt (1.v.l.), Hannes West (5.v.l. mit Shorts), Kevin Noeske (über rotem Fähnchen), Robert Brandt (2. Reihe oberhalb vom roten Fähnchen), Richie Burkhardt (rechts v. Brandt), Thomas Hartrodt (über dem „g“), Johann Walter (weißes Halstuch), Marco Klingner (2. Reihe 3.v.r.), Robin Brand (1.v.r.) (Bild: Screenshot)

Die Neonazi-Hooligans vom „Jungsturm“ Erfurt gaben sich trotz der Verurteilung von vier ihrer Führungskader wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung größte Mühe, als weiterhin aktiv aufzufallen: Der Erfurter Ultraszene erklärten sie immer wieder offen den Konflikt und fielen mit gezielten Provokationen oder Machtdemonstrationen auf. Aus der Heimkurve verbannt, suchten die Neonazis sich Auswärtsspiele, um in Gruppenstärke aufzutreten. Speziell zu Derbys in Jena oder im Heimstadion brachten sie sich dafür auch Verstärkung ihrer Kameraden von den „Animals“ Sofia mit. Der Jungsturm reiste genauso zu Lokalderbys nach Sofia und durfe dort in vorderster Reihe stehen. Nach langer Ignoranz des FC Rot Weiß Erfurt haben einige Jungsturm-Neonazis mit einer Aktion Anfang März jedoch den Bogen überspannt: Bei der 35-Jahr-Feier der Sofioter Fankurve traten die Neonazis wie eine offzielle Delegation aus Erfurt auf und nutzten die feierliche Übergabe einer Freundschaftsplakette für kollektive Hitlergrüße. Die organisierte Fanszene von ZSKA Sofia besteht aus Neonazis und Neonazi-Kampfsportlern, die teilweise auch bestens in rechtsterroristischen Netzwerken wie Combat 18 vernetzt sind. Es scheint, als ob einige Beteiligte nun Hausverbote im Erfurter Steigerwaldstadion bekommen hätten. Eine Personalie ist dabei interessant: Der frühere Jenaer Nachwuchsbasketballer Johann Walter hat seine Profikarriere gegen Hooligan-Tourismus getauscht.

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Vor „Invictus Fight Night“: Hammerskin-Musiker trainiert bei John Kallenbachs Kampfsportschule (Saalfeld)

Header-Foto von „Invictus Saalfeld“ mit dem Neonazi Mirko Fritze (markiert) und John Kallenbach (1.v.r.)

Am heutigen Samstag (1.7.2023) findet im Schützenhaus Pößneck die „Invictus Fight Night“ statt, die von der gleichnamigen Kampfsportschule von John Kallenbach aus Saalfeld veranstaltet wird. Kallenbachs Schule stand bereits in der Vergangenheit wegen Verstrickungen in rechte Netzwerke in der Kritik. Hier wurde ein Kämpfer des Neonazi-Events „Kampf der Nibelungen“ zum Kickboxer ausgebildet. Und Cheftrainer John Kallenbach ließ sich von der Cottbusser Neonazimarke „Label 23“ sponsern. Nachdem Kallenbach mehr schlecht als recht auf die öffentliche Kritik reagierte, ziert nun ein altbekanntes Gesicht der militanten rechten Szene das Titelfoto auf der Homepage von „Invictus“: Mirko Fritze (geb. Szydlowski), der zum Jenaer Umfeld des NSU zählt und seit 25 Jahren ein international bekannter Musiker der Rechtsrockszene ist. Weiterlesen

Der Fall Martin Schieck und die Lügen der AfD: Normannia-Burschenschafter und EinProzent-Aktivist als Mitarbeiter der Thüringer AfD

links: Martin Schieck auf einem Instagram-Selfie, rechts Schieck auf dem ersten von ihm veröffentlichen Selfie in Couleur der Burschenschaft Normannia zu Jena im Jahr 2015. (Fotos: Instagram und Facebook)

Am 2. Mai veröffentlichte der MDR eine Recherche zu Martin Schieck, der für die Thüringer AfD-Landtagsfraktion arbeitet. Dem Bericht zufolge hat Schieck eine Neonazi- „Vergangenheit“, vor allem durch seine Kontakte zum Blood & Honour-Musiker Tobias Winter, alias Bienenmann. In einem Dementi der AfD dazu heißt es, die Vorwürfe beruhten alleine auf Mutmaßungen und „Kontaktschuld-Konstruktionen“, Schieck sei kein Mitglied irgendeiner rechtsextremistischen Organisation und sei erst „wenige Wochen“ bei der Fraktion beschäftigt. Neue Recherchen zeigen: Die AfD lügt in allen Punkten. Schieck arbeitet seit mindestens Oktober 2019 als Fotograf und Filmer für Landtagsfraktion. Die nötige Erfahrung bringt er aus der Arbeit für die rechtsextreme Plattform “EinProzent” mit. Und er ist Mitglied der neonazistischen „Burschenschaft Normannia zu Jena“, die personell und ideologisch eng mit dem „Thüringer Heimatschutz“, der NPD und Jenaer NSU-Helfern verbunden ist.

Eine Recherche in Episoden des extrem rechten Aktivisten Martin Schieck zurück bis 2014.

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Bloodline und Magoo Tattoo: Nazi-Tätowierer aus Erfurt

Kürzlich veröffentlichten wir einen Artikel zur Wiedereröffnung des Tattoostudios “Loco Artista” in Jena, betrieben durch Jeffrey Weißenborn und seine Partnerin “Resi Ink”. Beide sind bestens vernetzt mit Neonazis in Apolda und Erfurt, zählen Mitglieder der “Bruderschaft Thüringen/Turonen/Garde 20” zu ihrem Freundeskreis, Weißenborn besuchte Rechtsrockveranstaltungen und arbeitete für und mit Neonazi-Tattoostudios in Erfurt. Wenn Jeffrey Weißenborn nun online verkündet, man solle nicht alles glauben, was geschrieben steht, soll uns dies Anlass genug sein, die beiden Erfurter Tattoostudios näher zu beleuchten.

Björn Siegling von Bloodline (1.v.l., im Shirt der Neonaziband “Hermunduren”) und Mario Haag von Magoo (mittig m. Handy) beim “Schild & Schwert” in Ostritz. (Foto: Endstation Rechts)

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Loco Artista – Wiedereröffnung eines Nazi-Tattoostudios in Jena

In der Schleidenstraße 25 im Jenaer Südviertel soll ein neues Tattoostudio unter dem Label „Loco Artista“ eröffnet werden. Jeffrey Weißenborn und seine Frau, die unter dem Namen „Resi Ink“ als Tätowiererin aktiv ist, werden die neuen InhaberInnen. Beide sind eng mit der Apoldaer und Erfurter Neonaziszene vernetzt. In den sozialen Netzwerken kündigten sie an, ab 8. Juni Termine in Jena vergeben zu wollen. Der Laden droht damit zu einem Anlaufpunkt für Neonazis und rechtsoffenes Klientel mitten im Kiez zu werden.

„Resi Ink“ und Jeffrey Weißenborn in Shirts der Neonazi-Modemarke „Pro Violence“

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Kevin Armstroff: Ein bekannter Neonazi im Dienste der städtischen Jenaer ASI GmbH

Kevin Armstroff als Besucher der “Tage der nationalen Bewegung” in Themar am 06.07.2019. (Foto: Recherchenetzwerk Berlin)

Bei einem Unternehmen der Jenaer Stadtwerke, der ASI Anlagen, Service, Instandhaltung GmbH, arbeitet der bekannte Neonazi Kevin Armstroff aus dem Weimarer Land. Armstroff ist seit mindestens 2013 regelmäßiger Besucher von Naziaufmärschen, gehörte zur “Aktionsgruppe Weimarer Land” aus dem Spektrum der “Autonomen Nationalisten” und beteiligte sich an Aktionen der faschistischen Partei “Die Rechte” in Erfurt und Jena. Noch im Dezember 2019 lief er zusammen mit verurteilten Nazischlägern im Hakenkreuz-Pullover über den Erfurter Weihnachtsmarkt. Seit vergangenem Jahr ist er für ASI im Bereich Elektrik in den Häusern von JenaWohnen oder in städtischen Kulturzentren unterwegs. Wenig überraschend, ist doch der politische Ziehsohn Ralf Wohllebens, der frühere NPDler Nico Schneider, Ausbildungsleiter bei ASI.

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Apoldaer „III. Weg“ Nachwuchs: Benny Meusel und Dominik Kiesig

Am 1. Mai wollte die NS-Splitterpartei „Der III. Weg“ einen überregionalen Naziaufmarsch in Erfurt durchführen. Nach Corona-bedingter Herabstufung auf kleinere Kundgebungen in Erfurt und Plauen folgte nun eine Komplettabsage. Da in naher Zukunft mit weiteren Aktionen der Nazis gerechnet werden muss, wollen wir einen genaueren Blick auf den Apoldaer Nachwuchs des „III. Wegs“ werfen.

Benny Meusel und Dominik Kiesig

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