Was von der „Gerschen Jugend“ übrig bleibt

Instagram-Story des Accounts "gerschejugend". In der Mitte Sharepic des Christopher Street Day Gera auf dem für einen CSD am 27.09.25 aufgerufen wird. Darüber: "Gegenprotest in Planung...", darunter: "Die Gersche Jugend kommt zurück! Alle teilen!"
Aufruf von Anthony Scholz für die GJ gegen den CSD Gera am 27. September 2025 (Bild: Instagram)

Bereits im Mai 2025 stellten wir fest, dass die Jungnazigruppe „Gersche Jugend“ aus Gera ihren Zenit überschritten hat. Konnte die im Sommer 2024 unter Führung von Eric Vogelgesang und Etienne Klupp gegründete Jugendgruppe zu einzelnen extrem rechten Aufmärschen eine größere Zahl Jugendliche aus Gera mobilisieren, nahm diese Mobilisierungfähigkeit zum Jahreswechsel stark ab. In den zurückliegenden Monaten scheint sich der Niedergang bis zum Zerfall verstetigt zu haben. Doch auch wenn die Struktur gescheitert scheint, sind einzelne Mitglieder mittlerweile in anderen Strukturen aktiv und zeigen mit einer Ankündigung vom 8. August auf Instagram zu einem rechten Gegenprotest gegen den Geraer Christopher Street Day am 27. September 2025 neue Lebenszeichen. Es bleibt fraglich, ob sich hier eine wirkliche Reorganisation abzeichnet. Angriffe und Morddrohungen gegen queere und linke Menschen in Gera zeigen jedoch, dass von den Beteiligten nach wie vor eine nicht zu unterschätzende Gefahr ausgeht. Darüber hinaus sind mehrere der ehemaligen Mitglieder mit Rechtsterroristen aus anderen Städten vernetzt. Das sich hier abbildende Gewaltpotential braucht für seine Entfaltung nicht zwangsläufig die „Gersche Jugend“ als Struktur. Daher sehen wir es als wichtig an, die einzelnen AkteurInnen, die über die Gruppe hinaus aktiv sind, hier noch einmal zu beleuchten.

Was seit Mai geschah

Wege zur JN und scheitern in Berlin

Zuletzt öffentlich in Erscheinung trat die „Gersche Jugend“ (GJ) beim „Heimat“-Neonaziaufmarsch (ehemals NPD) am 1. Mai 2025 in Gera. Die ehemaligen Wortführer Anthony Scholz, Justin Elbel und Etienne Klupp nahmen zwar teil, traten jedoch im Rahmen unterschiedlicher Gruppen auf. Es konnten einzelne Aktivisten der zweiten Reihe der GJ in dem Aufmarsch gesichtet werden, darunter Vincent Thomas, Luca Kinski und Silvio König (Ronneburg).

Foto des Neonaziaufmarsch in Gera am 1. Mai 2025. Drei Personen tragen ein Transparent mit "Deutsche Jugend voran", dahinter laufen Personen von denen zwei Personen Fahnen der "Gerschen Jugend" schwenken. Einer der Fahnenschwenker ist Vincent Thomas.
Luca Kinski (1.v.l.), Silvio König (hinten in grünem Pullover) und Anthony Scholz (hinten mittig in blauem Shirt) am 1. Mai 2025 in Gera (Bild: Pixelarchiv)

Etienne Klupp hatte noch im Sommer und Herbst 2024 neben Eric Vogelgesang die Rolle eines Anführers in der „Gerschen Jugend“ übernommen. Als Sprecher der Gruppe war er im Herbst auch auf einem Podium aufgetreten. Bereits seit Anfang dieses Jahres ist Klupp jedoch nicht mehr bei der „Gerschen Jugend“ aktiv, sondern wandte sich der „Heimat“ und deren Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) zu. Auch Vincent Thomas trat im Mai der Jugendorganisation der „Heimat“ bei. Im August besuchte Thomas neben anderen Thüringer Kadern von der „Heimat“ das „Sommerfest“ des Parteiverlags „Deutsche Stimme“ im sächsischen Riesa.

Foto vom Eingang der "Heimat"-Veranstaltung. Mehrere Bauzäune, die mit Planen bespannt sind, sind zur Abschirmung aufgestellt. An diesen hängt auch ein Transparent der "Freien Sachsen" und ein Luftballon. Hinter den Bauzäunen ist eine Hüpfburg zu sehen. Am Eingang steht neben drei weiteren Personen Vincent Thomas.
Vincent Thomas (2.v.l.) am 23.08.2025 in Riesa beim Sommerfest der „Deutschen Stimme“ (Parteizeitung von „Die Heimat“) (Bild: Rechts im Bild)

Die JN Thüringen, die über einige Jahre ein zwei-Personen-Projekt des Ehepaars Max und Celine Matthieß aus Tambach-Dietharz war, konnte seit Jahresbeginn einige neue Mitglieder aus dem Raum Gotha, Apolda, Kahla, Gera und dem Saale-Orla-Kreis gewinnen. Am 12. Juli 2025 beteiligte sich die Gruppe an der Organisation eines rassistischen Aufmarschs in Apolda. Darüber hinaus beschränken sich die Aktivitäten in Thüringen auf Flyeraktionen und Stammtische. Celine und Max Matthieß planen in nächster Zeit nach Mecklenburg-Vorpommern umzuziehen. Es bleibt abzuwarten, ob die JN Thüringen diesen Weggang organisatorisch überlebt.

Foto des rassistischen Aufmarsch am 12.07.2025 in Apolda. Darauf sind mehrere junge Männer in weißen Hemden zu sehen. Diese tragen ein Transparent der JN mit dem Text "Heute im Kampf für die Idee von morgen" und Fahnen der "Heimat" und von "Thüringen verteidigen".
Die JN Thüringen am 12.07.2025 in Apolda mit Etienne Klupp (1.v.l.) (Bild: Pixelarchiv)

Elbel zog von Gera nach Sachsen und beteiligte sich an der Organisation einiger wenig erfolgreicher Neonaziaufmärsche in Berlin. Zunächst organisierte Elbel die Aufmärsche gemeinsam mit dem früheren AfD-Mitglied Ferhat Sentürk. Dieser hatte sich von seinen eigenen DemoteilnehmerInnen distanziert und fiel daraufhin bei den Jungnazis in Ungnade. In der Folge versuchte Justin Elbel Sentürks Nachfolge anzutreten.

Screenshot eines Instagram-Posts des Accounts "balaclavagraphics_moe". Ein Foto eines Walds mit dem Text "Ferhat ist ein H*rensohn". Dazu in den Kommentaren die Frage des Accounts "00110110l00111001": "Was hat er getan, kann mich jemand aufklären?" und darauf die Antwort des Accounts "anto.slz07": "hat sich als großer neuer Anführer der rechten Szene erklärt und distanziert sich nach der letzten Demo von allem und hat jetzt offensichtliche linksextremisten als admin".
Post von Benjamin Moses über Ferhat Sentürk, der durch Anthony Scholz kommentiert wurde

Für den 1. Juni 2025 meldete er dafür eine Demonstration in Berlin an, die als Veranstaltung „gegen Linksextremismus“ und „gegen Sentürk“ beworben wurde. Die Beteiligung daran war allerdings aus Sicht der Jungnazis enttäuschend, selbst weitere Mitglieder der „Gerschen Jugend“ und deren Umfeld nahmen nicht teil. Anstatt den Zerfall der GJ einzugestehen begründete Elbel seine alleinige Anreise von Gera nach Berlin wie folgend: „Es konnten viele nicht kommen, weil sie sich zu spät gekümmert haben oder am nächsten Tag arbeiten müssen“. Im selben Interview brüstete Elbel sich damit, bereits als Grundschüler rassistische Übergriffe gegen Mitschülerinnen mit Kopftuch begangen zu haben: „4. Klasse hab ich Mädchen mit Kopftuch Kopftuch runtergezogen und gesagt ‚Mach das runter, wir sind hier in Deutschland!‘ Ich hab das schon öfters gemacht mit dem Runterreißen.“ Als Konsequenz von Elbels Übergriffen soll seiner Aussage nach nicht er als Täter, sondern die betroffene Schülerin in eine andere Klasse versetzt worden sein.

Foto eines queerfeindlichen Aufmarschs am 05.07.2025 in Falkensee. Darauf sind Stella Schmidt und Justin Eibel am Beginn des Aufmarschs zu sehen. Beide halten Megafone in der Hand, die mit zahlreichen rechten Stickern beklebt sind.
Stella Schmidt und Justin Elbel mit Megafonen bei queerfeindlichem Aufmarsch am 5. Juli 2025 in Falkensee (Bild: Rechts im Bild)

Auf den Berlin-Aufmärschen 2025 waren die Jungnazigruppen „Deutsche Jugend voran“ (DJV) und „Chemnitz Revolte“ präsent. Zu deren Führungspersonen Julian Milz (DJV) und Stella Schmidt („Chemnitz Revolte“) hatte Elbel gute Kontakte. Dies zeigte sich u.a. am 1. Mai in Gera, wo sie gemeinsam mit Megafonen einen Jugendblock anführten. Milz und Schmidt führten für kurze Zeit eine romantische Beziehung, deren Ende zum Bruch zwischen der DJV, Elbel und Schmidt führte. Berichten zufolge soll Milz in dieser Beziehung, wie schon gegenüber früheren Partnerinnen übergriffig gewesen sein. Dieses Zerwürfnis zwischen Milz und Schmidt mündete in absurden Szenen bei einem von Justin Elbel und Stella Schmidt angemeldeten Aufmarsch gegen einen CSD in Falkensee am 5. Juli 2025. Im Vorfeld wurde angekündigt, dass die DJV auf diesem Aufmarsch unerwünscht sei. Trotzdem tauchten Mitglieder der Gruppe beim Aufmarsch auf und mussten mit Abstand hinter der restlichen kleinen Demo laufen. Auf der queerfeindlichen Nazidemo gab es Sprechchöre gegen die DJV. Elbel schien danach von anderen Nazis ein Verbot erhalten zu haben, in Berlin weitere Aufmärsche anzumelden. Milz wurde wegen Bedrohung, räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung und versuchtem schweren Raub gegenüber politischen Gegner*innen zu 3 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt, die er mittlerweile angetreten hat. Auch die „Chemnitz Revolte“ hat sich mittlerweile als Gruppe zerschlagen.

Justin Elbel ist seit seinem Wegzug nach Sachsen deutlich unregelmäßiger aktiv, seine rechtsextreme Ideologie ist dennoch ungebrochen. Er bezieht sich häufig positiv auf den Nationalsozialismus und erklärte Anfang Juni in Berlin „Wir sind nationale Sozialisten!“. In Interviews prahlt er außerdem mit seinem menschenverachtenden Weltbild, sowohl queere Menschen als auch Geflüchtete bezeichnet er als „Fabelwesen“. Auf Demos tritt er meist mit einer Abwandlung eines „New Balance“-T-Shirts auf, wobei das Akronym NB für „Nazi-Bande“ steht. Auch auf Social Media verbreitet Elbel ungefiltert NS-Hetze. Exemplarisch seien hier zwei Instagram-Storys genannt: Einmal bezieht sich Elbel positiv auf die Neonazi-Band „Erschießungskommando“, die in ihren Texten Mordfantasien und -aufrufe gegen Antifaschist*innen verbreitet, in einer weiteren Story wünscht er sich, in Anlehnung an ein Lied der Rechtsrock-Band „Landser“, Sturmführer bei der SS zu sein.

Instagram Stories des Accounts "stolzerossi_gj" von anonymen Fragen. 1. Überschrift: "Wer nicht macht is nh zecke!", Frage: "Meinung zu Erschießungskommando", Antwort: "Ich liebs!". 2. Überschrift: "Beschreibt mich in 3 Worten!", Frage: "Sturmführer, bei, der", Antwort: zwei Blitz-Emojies
Instagram-Posts von Justin Elbel

Persönliche Kontakte statt politischer Organisierung in Gera

Foto des queerfeindlichen Aufmarschs am 23.08.2025 in Magdeburg auf dem Justin Eibel und Anthony Scholz zu sehen sind. Die beiden tragen gemeinsam eine schwarz-rot-goldene Fahne.
Justin Elbel und Anthony Scholz am 23. August 2025 beim queerfeindlichen Aufmarsch gegen den CSD in Magdeburg (Bild: Pixelarchiv)

Um Anthony Scholz wurde es im Sommer politisch sehr ruhig. Er unternahm keine weiteren Organisierungsversuche in Gera. Am 23. August 2025 nahm er gemeinsam mit Justin Elbel am queerfeindlichen Neonazi-Aufmarsch gegen den CSD in Magdeburg teil. Er postete mehrfach Fotos von sich im T-Shirt der JN, es deutet allerdings nichts darauf hin, dass er sich tatsächlich aktiv bei der JN organisiert. Am 20. September 2025 reiste er gemeinsam mit dem „Heimat“-Kader Christian Klar nach Döbeln zu einem queerfeindlichen Aufmarsch gegen den CSD. Klar hielt einen Redebeitrag, Scholz trug das JN-Fronttransparent mit. Dabei trug er, anders als die anderen Träger, kein JN-T-Shirt. Das deutet ebenfalls daraufhin, dass er kein JN-Mitglied ist, sondern über seinen Kontakt zu Klar nach Döbeln kam.

Foto des queerfeindlichen Aufmarschs am 20.09.2025 in Döbeln. Es sind mehrere junge Neonazis mit roten T-Shirts der JN zu sehen. Dazwischen läuft Anthony Scholz mit einem roten Londsdale T-Shirt. Sie tragen ein JN-Transparent mit dem Text "Nein zum CSD! Unsere Stadt bleibt hetero!" Davor läuft Christian Klar und trägt ein T-Shirt der "Heimat".
Anthony Scholz (mittig am Transparent) und Christian Klar (vorne mit Sonnenbrille und Basecap) am 20. September 2025 beim queerfeindlichem Aufmarsch in Döbeln (Bild: Rechts im Bild)
Instagram-Story des Accounts "anto.slz07". In dieser ist ein Foto von Vincent Thomas, Anthony Scholz und Justin Eibel zu sehen. Sie halten eine Fahne der "Heimat". Thomas und Scholz tragen T-Shirts der JN, Eibel trägt ein T-Shirt auf dem die Buchstaben "NB" im Stil von "New Balance" zu sehen sind. Unter dem Foto ist ein Fotoapparat Emoji und damit "@michi.2.8" zu sehen über den Fotos die Emojies: Deutschlandfahne, Adler und Trommel.
Vincent Thomas, Anthony Scholz und Justin Elbel am 25. August 2025 mit JN-Shirts und „Heimat“-Fahne in Gera

Auch wenn die „Gersche Jugend“ nicht mehr als Gruppe organisiert ist, bleiben die Freundschaften der früheren Mitglieder bestehen. So posteten Vincent Thomas, Anthony Scholz und Justin Elbel am 25. August 2025 ein gemeinsames Foto mit einer „Heimat“-Fahne in Gera. Vincent Thomas hält auch zur früheren GJ-Führungsperson Eric Vogelgesang weiterhin Kontakt, der seit Anfang des Jahres nicht mehr auf Naziaufmärschen oder anderen rechten Veranstaltungen aufgetaucht ist und sich stattdessen scheinbar auf die Ultraszene von Wismut Gera konzentriert. Anfang August 2025 unternahmen Thomas, Vogelgesang und Pablo Wolfer (ebenfalls früheres GJ-Mitglied) eine gemeinsame Wanderung und posierten mit Deutschlandfahne, Militäruniform und JN-Schlauchschal.

Instagram-Story des Accounts "vincent_j.n" mit einem Foto von Pablo Wolfer, Eric Vogelgesang und Vincent Thomas auf einem Felsen und im Hintergrund ein Wald. Alle drei sind mit Schlauchschals vermummt. Vogelgesang trägt eine Militäruniform, Thomas einen Schlauchschal der JN und eine schwarz-rot-goldene Fahne mit Bundesadler an einem Stock.
Gemeinsame Wanderung von Pablo Wolfer (links), Eric Vogelgesang (mitte) und Vincent Thomas (rechts) am 3. August 2025

Kontakte der „Gerschen Jugend“ zu Rechtsterroristen

Eine direkte Einbindung in rechtsterroristische Strukturen oder das Wissen von konkreten Anschlagsplänen können wir (ehemaligen) Mitgliedern der „Gerschen Jugend“ nicht nachweisen. Allerdings pflegten Luca Kinski und Etienne Klupp Kontakte zu Rechtsterroristen, die sich konkret auf Anschläge vorbereiteten oder diese bereits ausgeführt haben und teilen deren Ideologie. Insbesondere bei der „Letzten Verteidigungswelle“ zeigte sich wie auch eine überwiegend Online-Organisierung junger Neonazis schnell zu realen schweren Anschlägen führen kann und diese als Vorbild für weitere Anschläge durch andere Gruppenmitglieder dienten.

Zum Volkstrauertag 2022 reiste eine Delegation der damals frisch gegründeten Gruppe „Freiheitlich-Sozial-Nationale-Aktionsgruppe“ (FSNAG) aus u.a. Bayern, Hessen und Berlin nach Gera an. Aus Berlin kam der sehr aufmerksamkeitsbedürftige Reichsbürger Dennis Ingo Schulz zusammen mit Gert Walther, aus dem Raum München der bekannte Shoa-Leugner Alfred Schäfer. Aus dem hessischen Waldbrunn reiste zudem ein auffällig junger Neonazi an, der auch während des neonazistischen Gedenkens auf dem Geraer Ostfriedhof eine kurze Rede verlas: Tristan Kirchner, der ein Jahr später wegen rechtsterroristischer Anschlagspläne verhaftet werden sollte. Etienne Klupp verbrachte 2022 das ganze Wochenende mit der Gruppe der FSNAG, wie Bilder von gemeinsamen Zugfahrten und Treffen in Privatwohnungen belegen.

Foto von Tristan Kirchner und Etienne Klupp. Beide posieren für das Foto. Sie stehen in einer Wohnung vor einem Fenster.
Rechtsterrorist Tristan Kirchner (l.) und Etienne Klupp am 18.11.2022 in Gera

Etienne Klupps Altersgenosse und Gesinnungskamerad Tristan Kirchner marschierte beim Dresdener Naziaufmarsch im Februar 2023 noch hinter dem Transparent der FSNAG. Im November 2023 wurde er verhaftet und es wurden Waffen in seiner Wohnung beschlagnahmt. Der fanatische Rassist und Antisemit Kirchner hatte Tötungsabsichten in sozialen Medien bekundet. Er hatte bereits eine Gaspistole zur Nutzung tödlicher Projektile umgebaut und mit einem 3D-Drucker Teile einer Maschinenpistole gebaut.

Im Altenburger Land, unweit von Gera, schlossen sich 2024 die jungen Neonazis Claudio Spano und Justin Wolf der „Letzten Verteidigungswelle“ (LVW) an. Es handelte sich dabei um eine rechtsterroristische Gruppe, die mindestens einen Brandanschlag auf ein linkes Zentrum in Brandenburg und einen Sprengstoffanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Schmölln verübte. Weitere Anschläge auf eine Geflüchtetenunterkunft waren geplant. In der Nacht zum 5. Januar 2025 warfen Claudio Spano und Justin Wolf das Fenster einer Geflüchtetenunterkunft in Schmölln ein, um anschließend Pyrotechnik in die Unterkunft zu schießen. Während der Tat sprühten sie mehrere rassistische und nationalsozialistische Graffiti an die Fassade des Gebäudes. Spano und Wolf wurden daraufhin Ende Februar 2025 festgenommen und sitzen seitdem in Untersuchungshaft.

Fotocollage aus zwei Fotos. Links ein Foto von Claudio Spano, rechts ein Bild der Geflüchtetenunterkunft in Schmölln, Teile der Fassade sind durch etwas erleuchtet, zwei Personen laufen in Richtung der Kamera weg.
Claudio Spano aus Schmölln verübte am 5. Januar 2025 einen Anschlag auf die Geflüchtetenunterkunft in Schmölln (Bilder: Instagram und Stern TV)

Vor seiner Festnahme unterhielt Spano Kontakte zu Luca Kinski von der „Gerschen Jugend“. Seine Mitgliedschaft bei der „Letzten Verteidigungswelle“ verheimlichte Spano dabei nicht, sondern warb unter seinen FollowerInnen zwischen Hakenkreuzbildern und antisemitischen Vernichtungsfantasien mit Videos der „LVW“ um neue Mitglieder. Im Winter 2024/25 teilte und kommentierte Kinski mehrfach Stories von Spano. Dabei handelte es sich u.a. um ein Foto des Hakenkreuz-Tattoos von Spano, das Kinski mit den Worten „Wie ich dieses Tattoo liebe“ kommentierte. Dass es sich nicht nur um eine Online-Bekanntschaft handelt, zeigt auch der Kommentar „müssen uns mal wieder treffen bruder“. Er bezog sich außerdem positiv auf die Gewaltbereitschaft der LVW, indem er ein von Spano geteiltes Foto eines Vermummten mit einem Baseballschläger mit dem Wort „Macher“ kommentierte. Mutmaßlich ist auf dem Foto der jugendliche Rechtsterrorist Lenny M. aus dem brandenburgischen Altdöbern zu sehen. Luca Kinski trat das letzte Mal am 1. Mai 2025 beim Neonaziaufmarsch in Gera öffentlich in Erscheinung. Er arbeitet laut Eigenangaben bei der Starke Unternehmensgruppe in Gera.

Collage von drei Instagram-Stories, die der Account "o75_luca" geteilt hat. Alle drei Stories stammen original von dem Account "bleibt_geheim05" und wurden durch "o75_luca" geteilt. Links ein Tattoo mit einem Hakenkreuz und dem Text "Ich bereue nichts", dazu der Kommentar "Wie ich dieses Tattoo liebe". Mittig Foto von Claudio Spano vor einem Spiegel, darunter der Kommentar: "müssen uns mal wieder treffen bruder". Rechts Foto von einer Person mit Baseballschläger auf dem der Account @lenny_88 verlinkt ist, darunter der Kommentar "macher".
Instagram-Stories von Claudio Spano, die Luca Kinski im Winter 2024/25 teilte und kommentierte

Das Antifa-Recherche-Team Dresden kritisierte in Bezug auf die junge Neonazigruppe „Elblandrevolte“ zu Recht einen medialen Hype, welcher der Gruppe eher Zulauf beschert haben dürfte, als sie zu schwächen. Trotz ihrer schlechten Organisierung, Kurzlebigkeit und Prägung durch einzelne junge Männer mit hohem Geltungsbedürfnis, sei die Gruppe von Presse und von Antifaschist*innen größer gezeichnet worden, als sie war. Die GJ hat anders als die „Elblandrevolte“ entsprechend ihrer relativen Bedeutungslosigkeit medial nicht ganz so viel Aufmerksamkeit erfahren. Diese beiden Gruppen verbinden strukturelle Schwächen, schnell zu zerfallen und auf dem Weg dorthin einzelne Mitglieder langfristig an die JN zu binden. Gleichwohl muss im Hinblick auf das Gewaltpotenzial und die Vernetzung der Einzelnen resümiert werden: Ihre Mobilisierungs- und Organisierungsfähigkeit sollten nicht überhöht werden, eine Analyse und Gegenstrategien sollten jedoch die durch kurzzeitige Gruppendynamiken beförderte Gewaltbereitschaft einzelner junger Rechter nicht unterschätzen.

Auf zum CSD nach Gera!

Dass die „Gersche Jugend“ tatsächlich eine Reorganisierung und die Organisation einer größeren Aktion gegen den CSD in Gera schafft, bezweifeln wir. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass die seit fünfeinhalb Jahren selben 100-300 Personen aus den Montagsdemos in Ostthüringen und Westsachsen mit Christian Klar als Wortführer einen Gegenprotest organisieren, bei dem die zerstreuten ehemaligen AktivistInnen der „Gerschen Jugend“ ohne tatsächliche Relevanz als vorgebliches Zeichen einer aktivierten Jugend präsentiert werden. Aufgrund der rechten Hegemonie und Mobilisierungsfähigkeit in Gera halten wir auch über Gegenportest hinausgehende Störungen nicht für ausgeschlossen. Frühere Mitglieder der „Gerschen Jugend“ sind weiterhin in anderen Strukturen aktiv und können potenziell gewaltbereite Jungnazis nach Gera mobilisieren. Die Kennverhältnisse der ehemaligen GJ-Mitglieder Etienne Klupp und Luca Kinski zu den Rechtsterroristen Tristan Kirchner und Claudio Spano zeigen ebenso sehr wie der Übergriff auf ein schwules Paar im Juli 2024 durch ein Mitglied der „Gerschen Jugend“, welche Bedrohung auch von schlecht organisierten jungen Rechten ausgeht.

Wir rufen daher alle Antifaschist*innen dazu auf, am 27. September 2025 ab 13 Uhr nach Gera zum CSD zu fahren, um die queere Community in Gera zu unterstützen!

Weitere Infos zum CSD findet ihr unter: https://csd-gera.de/

Sharepic zum Christopher Street Day Gera. 27.09.25 CHRISTOPHER STREET DAY GERA vor einem Regenbogenhintergrund, daneben gezeichnete Herzen