Blood & Honour Weimar


Hendrikje Just

Hendrikje Just bei einem Aufmarsch von Blood & Honour in Bad Berka am 08.08.1999. (Foto: Spunk)

Die 1977 geborene Hendrikje Just (geb. Bornschein) stammt aus Oberweimar und stieß Mitte der Neunziger zur Weimarer Naziszene hinzu. Besser unter dem Namen “Trixi” bekannt, wurde sie Teil der Weimarer Gruppe von Blood & Honour Thüringen, zu der vor allem Ronny Linke und Denis Kühne gehörten. Linke war schon seit 1996 mit der Kameradschaft Jena und auch mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt persönlich bekannt. Hendrikje Just studierte Ende der Neunziger in Erfurt Sozialwesen an der FH. Gleichzeitig war sie mit Blood & Honour Weimar sehr aktiv. Am 08.08.1999 organisierte die Gruppe einen Trauermarsch für einen Blood & Honour-Anhänger, der zuvor am Rande eines Treffens im Streit mit Nachbarn erstochen worden war. Hendrikje Just lief mit einem Kreuz im Aufmarsch mit, begleitet von Denis Kühne und Ronny Linke. Einen Monat später beteiligte sie sich mit Blood & Honour Gera am Aufmarsch von THS und NPD in Gera.

Hendrikje Just (oben mittig m. Sonnenbrille), Roberto Graf (1.v.l.) und Marcel Degner (1.v.r.) rund um die Blood & Honour-Fahne beim Aufmarsch von THS und NPD in Gera am 04.09.1999. (Foto: Antifa Recherche Gera)

Ende 1999 verfasste Just alias “Trixi, B&H Thüringen” einen sechsseitigen Artikel für die bundesweite Zeitschrift von Blood & Honour. Ihr Thema: “Joseph Goebbels – Eine Biographie”. Der Aufsatz sollte nur der erste von zwei Teilen werden. Auf Justs Aufsatz folgte ein Artikel über “Die Clintons und die Juden”, in dem Dutzende vermeintlich jüdische Mitglieder der Regierung Bill Clintons in einer Liste aufgeführt und als Feinde markiert werden. Im Juni 2000 beteiligte sich Hendrikje Just an einem Treffen des neofaschistischen “Freien Mädelbundes” in Weimar. Nach dem Verbot von Blood & Honour im September 2000 blieb auch Just im Untergrund aktiv im Netzwerk. 2001 fuhr sie zu einem internen Treffen, bei dem das Gründungsjubiläum des Netzwerks gefeiert wurde. Dortin kam auch ihr späterer Ehemann, René Just aus Leipzig. 2002 reiste Just zu einem Rechtsrockkonzert ins südthüringische Elgersburg, das wegen Randale der Neonazis polizeilich aufgelöst wurde.
Hendrikje Just verzog in den Folgejahren nach Schkeuditz, blieb aber weiterhin ihren Thüringer Kameraden verbunden. Als die Untergrundstruktur von Blood & Honour unter Führung von Justs Weimarer Kameraden Ronny Linke im südthüringischen Wasungen ein “Ian Stuart Donaldson Memorial” in Erinnerung an den britischen Gründer des militanten Netzwerks veranstaltete, reiste auch Just an. Und auch 2006, als die Thüringer Gruppierung eng mit den fränkischen Blood & Honour-Aktivisten vernetzt war, war Just noch aktiver Teil des elitären Untergrundnetzwerks.

Im NSU-Prozess wurde der ehemalige Leiter von Blood & Honour Thüringen, Marcel Degner, im März 2015 gefragt, wer zur Sektion dazugehört habe. Seine Antwort: “Hotte war mit dabei, Denis, Linke und Trixi”. Vielleicht wollte Degner, der heute noch in Gera lebt, außer den ohnehin bekannten Silvio “Hotte” Jordan andere Geraer ProtagonistInnen verschweigen und nannte deswegen die drei Weimarer AktivistInnen. Trotzdem scheint Hendrikje “Trixi” Just eine tragende Rolle in der Thüringer Sektion gespielt zu haben, die u.a. Gelder für das untergetauchte NSU-Kerntrio sammelte und eng mit den Chemnitzer NSU-UnterstützerInnen von Blood & Honour Sachsen zusammenarbeitete.
Bis mindestens vor wenigen Jahren war Just in Schkeuditz Handballtrainerin und scheint weniger politisch aktiv zu sein. Auf Facebook ist sie jedoch weiterhin mit ihren Blood & Honour-Kameraden befreundet, darunter die Weimarer Ronny Linke und Denis Kühne, der Südthüringer Michel Schäfer und der Franke Uwe Schellhorn. Und auch der 2020 verstorbene Christian Keck von Blood & Honour Franken, der das Netzwerk international repräsentierte, gehörte zu Justs Freundesliste.

Hendrikje Just als Handballtrainerin 2015 in Schkeuditz (Foto: Facebook)

Denis Kühne

Denis Kühne (1.v.l.) und Hendrikje Bornschein (Sonnenbrille) beim Aufmarsch von NPD und THS in Gera am 04.09.1999. (Foto: Jenaer Antifaschist*innen)

Der 1972 geborene Denis Kühne stammt aus Tiefengruben bei Bad Berka und zählt zur frühen Neonazi-Skinheadszene aus dem Weimarer Land. Kühne fiel bereits 1997 auf, als er unterwegs zu einem Rechtsrockkonzert in Triptis zusammen mit Ronny Linke und weiteren Neonazis aus Weimar und Kahla grundlos Gäste eines McDonalds zusammenschlug. Kühnes Kamerad Ronny Linke zählte damals schon zum Umfeld der Jenaer Kameradschaft und war mit dem späteren NSU-Kerntrio bekannt. Denis Kühne zog 1998 nach Weimar und ist seitdem bis heute eine prägende Figur der dortigen Szene. Kühne wurde Aktivist von Blood & Honour Thüringen und organisierte zusammen mit Ronny Linke, Hendrikje Just und den Geraer Kadern des militanten Netzwerks im August einen Trauermarsch in Bad Berka. Zu jener Zeit war Blood & Honour Thüringen außerdem Teil der Unterstützungsstrukturen für das untergetauchte NSU-Kerntrio. So sammelte Blood & Honour Gelder bei Konzerten, die über André Kapke an das Trio weitergegeben werden sollten. Nachdem Blood & Honour im September 2000 verboten wurde, blieb Kühne weiter aktiv. Zur internen Jubiläumsfeier 2001, zu der nur ausgewählte Kader und deren Vertraute kamen, fuhr mit Kühne, Linke und Just auch die Weimarer Gruppe.
Die Weimarer führten nicht nur die Aktivitäten des verbotenen Netzwerks im Untergrund fort, sondern übernahmen mit Ronny Linke an der Spitze auch zeitweise die Führung über die Thüringer und fränkischen Sektionen des militanten Netzwerks. Nachdem der bisherige Thüringer Leiter Marcel Degner als V-Mann enttarnt worden war, hatte Gera seine Führungsrolle bei Blood & Honour eingebüßt. Denis Kühne war in den 2000er Jahren aber weiterhin mit dem Vertrieb von illegalen CDs, T-Shirts und der Organisation von Rechtsrockkonzerten befasst. Ein Merkmal der Sektionen Thüringen und Franken war in jener Zeit der Bezug auf Combat 18, also den bewaffneten und terroristischen Flügel des Blood & Honour-Netzwerks. Diese Linie wurde auch von Denis Kühne forciert.
Kühne blieb über die Jahre aktiv, auch wenn Blood & Honour aufgrund vielfältiger Streitigkeiten, Ermittlungsverfahren und Kommerzialisierungstendenzen nicht mehr die Relevanz für Kühne und Kameraden hatte, die sie in den ersten Jahren nach dem Verbot besaß. Nichtsdestotrotz ist auch Denis Kühne weiterhin bestens vernetzt und aktiv. So fuhr er u.a. 2013 mit Ronny Linke zum Rock für Deutschland nach Gera, um dort andere Kader zu treffen.

Ronny Linke (1.v.l., m. Sonnenbrille), Karl-Heinz Statzberger (“Freiheit für Wolle”) und Denis Kühne (oben mittig, m. Sonnenbrille) beim Rock für Deutschland in Gera am 06.07.2013. (Foto: Antifa Recherche Gera)

Kühne ist auch mit Andreas Segieth aus Bad Kösen eng verbunden, der selbst seit der Jahrtausendwende bis heute Anhänger von Blood & Honour ist. Segieth eröffnete in Naumburg vor mehreren Jahren eine Kneipe in der Symbolik von Combat 18 und nannte sie schlicht Lokal 18. Zur Wiedereröffnung im Juli 2021 organisierte Denis Kühne eine Torte im Design des Lokal 18 für Andreas Segieth. Die beiden fahren seit Jahren regelmäßig gemeinsam auf Naziaufmärsche, so auch zum Großkonzert nach Themar im Juli 2017.

Denis Kühne (1.v.l.) und Andreas Segieth (2.v.l.) in Themar am 15.07.2017 (Foto: Lukas Beyer)

Ronny Linke

Denis Kühne (1.v.l.), Hendrikje Bornschein (2.v.l.) und Ronny Linke (3.v.l.) beim Blood & Honour-Aufmarsch am 08.08.1999 in Bad Berka. (Foto: AIB)

Der 1977 geborene Ronny Linke kommt aus Weimar und baute von dort aus nach der Wende die militante rechte Skinheadszene mit auf. Zeug*innenaussagen zufolge ist er auch auf einem 1996 aufgenommenen Foto der Kreuzverbrennung in Jena mit dem späteren NSU-Kerntrio zu sehen. Linke war Mitte der Neunziger schon gut vernetzt und zählte 1997 zu den Mitgründern der Thüringer Sektion von Blood & Honour. Zusammen mit Hendrikje “Trixi” Bornschein und Denis Kühne bildet er die Weimarer Kerngruppe der ansonsten hauptsächlich von Gera aus organisierten Thüringer Sektion. Im selben Jahr griff er bei der Fahrt zu einem Rechtsrockkonzert zusammen mit weiteren Neonazis, darunter auch Denis Kühne, wahllos Gäste im McDonalds bei der Autobahnabfahrt Triptis an. Nachdem im Rahmen eines überregionalen Skinheadtreffens im Sommer 1999 ein bayerischer Neonazi bei Auseinandersetzungen mit Anwohner*innen ums Leben kam, organisierten Linke und seine Weimarer Kamerad*innen einen Neonazi-Trauermarsch, zu dem auch der gesamte Thüringer Heimatschutz anreiste.
Anfang September lief Linke mit seinen Weimarer und Geraer KameradInnen von Blood & Honour bei einem Aufmarsch von NPD und THS durch Gera.

Ronny Linke (oben mittig in grün), Jens Fröhlich (m. Fahne), Denis Kühne (in rot) und NSU-Helfer Carsten Schultze (unten 1.v.l.) beim Aufmarsch von NPD und THS in Gera am 04.09.1999. (Foto: Jenaer Antifaschist*innen)

Nach dem Verbot von Blood & Honour im Jahr 2000 hielten die WeimarerInnen dem Netzwerk die Treue und nahmen am klandestinen Gründungsjubiläum 2001 in Gera teil. Im selben Jahr reiste Linke auch zu amerikanischen Vertretern des Blood & Honour-Netzwerks nach Oregon.
In der Zeit danach begannen Nachfolgestreitigkeiten im bundesweiten Netzwerk, aus denen Ronny Linke als Divisionsleiter einer mitteldeutschen Gruppe des Untergrundnetzwerks hervorging. Linke zog bald darauf aus beruflichen Gründen nach Bayern, von wo aus er die vor allem von Franken und Thüringen aus koordinierte Division anführte. Er fuhr regelmäßig zu Treffen und Konzerten und besorgte verbotene CDs aus Skandinavien, die er auf Veranstaltungen verkauft. Kleidung mit den Symbolen des verbotenen Netzwerks ließ er über seinen Weimarer Kameraden Enrico Kocsis herstellen.
Nach weiteren internen Streitigkeiten bei Blood & Honour und Veruntreuungsvorwürfen gegenüber Linke zog sich dieser 2006 von seiner Führungsrolle zurück. Er blieb jedoch weiterhin aktiv in den militanten Netzwerken und reiste u.a. mit der Kameradschaft Apolda zu einem Rechtsrockfestival nach Italien.

Ronny Linke ca. 2008 auf Fahrt zu Rechtsrockfestival in Italien. (Foto: Soziale Medien)

2009 zog Linke zurück nach Weimar und näherte sich zusammen mit dem ebenfalls bis dato bei Blood & Honour aktiven Weimarer Martin Rühlemann örtlichen Rockerstrukturen an. Linke wurde Teil einer Unterstützerstruktur der Hell’s Angels, der Garde 81. Linke zählt außerdem zum Umfeld der Stadtrodaer Band Limited Booze Boys, die selber zu Rocker-Netzwerken gehört und überwiegend in deren Klubhäusern auftritt. Ronny Linke trat wiederholt in einer Lederkutte mit der Aufschrift “Limited Booze Boys” auf. Mehrere Grüdungsmitglieder der Limited Booze Boys wurden, genau wie Linke, in den Ostthüringer Skinhead-Netzwerken der Neunziger sozialisiert. Mirko Kopper, der bis heute der Band angehört, reiste u.a. 1998 mit Blood & Honour Deutschland und der Ostthüringer Neonazi-Clique um die “Hatebrothers 88 Kahla” zu einem Großaufmarsch nach Budapest. Linke begleitete die Band auf Tour und verbrachte private Urlaube mit dem Sänger Tom Kroneberger.
Zu Rechtsrockfestivals in Gera 2013 und 2017 oder in Ostritz 2019 reiste Ronny Linke immer wieder auch in Begleitung seiner Kameraden von Blood & Honour. Zu einem europäischen Großevent des Netzwerks reiste er im April 2019 in Begleitung der Rechtsrock-Kultband Sleipnir, um dort Merchandise-Artikel des Blood & Honour-Netzwerks zu verkaufen. Auch 2020 schien er an diesem Aktivismus festzuhalten, wie ein Foto mit dem Sänger der britischen Blood & Honour-Band Brutal Attack zeigte.

Ronny Linke und Kenneth McLellan April 2020 (Foto: Soziale Medien)